Vor 75 Jahren stürzte der Turm der St. Ansgarii-Kirche ein

Mit einem gewaltigen Krach stürzte am 1. September 1944 der Turm der St. Ansgarii-Kirche ein. Unerwartet kam die Katastrophe nicht, schon zwei Wochen zuvor war die Obernstraße für den Schienenverkehr gesperrt worden. Doch gegen die anhaltende Sperrung der Ost-West-Achse regte sich Widerstand. Die Alternative: die Sprengung des Kirchturms.

Das letzte Stündlein der St. Ansgarii-Kirche schlug am helllichten Tag. Man schrieb den 1. September 1944, die Uhren zeigten 12.25 Uhr an. Kirchendiener Richard Warneke sah gerade nach dem Rechten, als es plötzlich wieder zu knirschen und zu knarren begann. Ein mahlendes Geräusch wie von Mühlsteinen. Daran hatte er sich schon gewöhnt, aber diesmal war es anders als sonst. Lauter, aufdringlicher, bedrohlicher. Vielleicht hat er gesehen, wie feiner Staub aus dem Mauerwerk rieselte. Kleine Rinnsale wie bei einer Sanduhr.

Die Zeit der Kirche war abgelaufen.

Dann mit einem Mal ein ohrenbetäubender Krach, ein dumpfes Grollen wie von einer nahenden Gewitterfront. Nach Aussage des Kirchendieners öffnete sich ein Spalt im Gemäuer des Turms und suchte sich langsam seinen Weg nach oben. Wie ein Blitz, der in den Himmel fährt statt in die Erde.

Warneke rannte um sein Leben, hinter ihm rollte eine riesige Staubwolke heran. „Eiligst lief ich in die am weitesten vom Turm entfernte Kapelle hinein“, berichtete er später. „Hinter mir stürzte der Turm mit großem Krachen ein.“

Die St. Ansgarii-Kirche kurz nach dem Einsturz des Turms am 1. September 1944. Aus der Schneise im Dach steigt Trümmerstaub empor. Bildvorlage: Staatsarchiv Bremen

Die St. Ansgarii-Kirche kurz nach dem Einsturz des Turms am 1. September 1944. Aus der Schneise im Dach steigt Trümmerstaub empor.
Bildvorlage: Staatsarchiv Bremen

Innerhalb weniger Sekunden war eines der Wahrzeichen von Bremen verschwunden. „Eine besondere Merkwürdigkeit dieses Einsturzes liegt darin, daß vom Ansgariturm kaum eine Spur übrig geblieben ist“, stellte die Bremer Zeitung konsterniert fest. Vom höchsten Kirchturm Bremens stand im wahrsten Sinne des Wortes kein Stein mehr auf dem anderen. Fast bis auf Bodenhöhe war das Mauerwerk zertrümmert worden. Sogar auf der Obernstraße türmten sich die Schuttmassen meterhoch. Darunter befanden sich gewaltige Brocken, die nur mit Hilfe von Sprengladungen beseitigt werden konnten.

Für die Bremer kam der Einsturz nicht überraschend. Schon zwei Wochen zuvor waren die umliegenden Häuser vorsichtshalber geräumt worden, hatte man Straßenbahnen und Autos die Durchfahrt durch die Obernstraße untersagt. Es war denn auch keine Bombe, die aus heiterem Himmel auf die Kirche fiel. Das ist zwar immer mal wieder ist zu lesen, doch der tiefe Fall des mittelalterlichen Gemäuers hatte nichts zu tun mit einem Volltreffer. Als der 118 Meter hohe Turm einstürzte, herrschte Ruhe im Luftraum über Bremen, kein einziger Feindflieger befand sich am Himmel.

In den ersten Kriegsjahren war die Kirche noch vom Glück gesegnet gewesen. Zahlreiche Gebäude in unmittelbarer Umgebung hatte der zunehmende Bombenhagel teils völlig zerstört, einzig der altehrwürdige Sakralbau war weitgehend verschont geblieben. Sicher, ein Bombentreffer in der Obernstraße sorgte im Sommer 1941 für nicht unbeträchtliche Kollateralschäden. Der Schatzmeister berichtete, sämtliche Fensterscheiben seien zu Bruch gegangen und wies auf Risse im Gewölbe des Kirchenschiffs und der Zütphenkapelle hin. Doch nach vorübergehender Schließung konnte das Gemeindeleben weitergehen wie gewohnt.

Die Glückssträhne endete erst im Oktober 1943, als ein nächtlicher Luftangriff die St. Ansgarii-Kirche erneut in Mitleidenschaft zog. Nun begann auch die systematische Auslagerung der Kunstschätze. Treibende Kraft war der staatliche Denkmalpfleger Dr. Ernst Grohne, Leiter des Focke-Museums. Auf seine Initiative wurde noch im gleichen Monat das wertvolle Altarbild des Goethe-Freundes Wilhelm Tischbein in Sicherheit gebracht und durch ein Werk des Malers und Restaurators Hermann Fitger ersetzt, eines Neffen des bekannten Malers Arthur Fitger.

Eine Sprengbombe schlug im Fundament ein

Nur zwei Monate später, im Dezember 1943, ein weiterer Paukenschlag: Vier Tage vor dem Weihnachtsfest schlug eine Sprengbombe zwar nicht in den Turm, aber direkt daneben ins Fundament ein. Durch den metertiefen Krater senkte sich das Erdreich bedrohlich ab, das alte Gemäuer war im buchstäblichen Sinne in seinen Grundfesten erschüttert. Einen plastischen Eindruck von den Schäden vermittelt die Fotodokumentation der Kriegsschäden im Bremer Staatsarchiv. Da sind einmal Sprünge im kleinen Kirchensaal und in der Decke des Gewölbes zu sehen, dann tiefe Risse an der Wendeltreppe im Turm. Es brauchte keinen Experten um zu erkennen, dass es nicht gut stand um die Ansgarii-Kirche.

Sehr wahrscheinlich fand der Weihnachtsgottesdienst schon nicht mehr in dem lädierten Gotteshaus statt, zum ersten Mal seit Menschengedenken werden die Pforten an Heiligabend geschlossen gewesen sein. Doch diesmal wiederholte sich die Geschichte nicht. Es weist alles darauf hin, dass die Ansgarii-Kirche spätestens seit Dezember 1943 für die Öffentlichkeit gesperrt war.

Den Behörden kann man nicht vorwerfen, müßig gewesen zu sein. Um die Standfestigkeit des Turms zu überprüfen, wurden Bohrungen vorgenommen und bei einem renommierten Statiker ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das Ergebnis war nicht eben ermutigend: Anders als beim St. Petri-Dom ruhten die Fundamente des Ansgarii-Kirchturms nicht auf einer Sanddüne, sondern auf aufgeschütteten Schuttbergen. Für die Stabilität des Turms hatte das fatale Folgen, vor allem der Südostpfeiler galt als extremer Schwachpunkt. Als äußerst unglücklich erwies sich, dass ausgerechnet an dieser Stelle nachträglich eine Wendeltreppe eingebaut worden war, wurde doch damit die Standfestigkeit des Turms noch weiter unterhöhlt.

Umstritten ist, inwieweit der Bau des Ansgari-Bunkers in unmittelbarer Nähe die Stabilität des Kirchturms beeinträchtigt hat. Der zuständige Architekt Hans Bruhn wehrte sich erbittert gegen die Vorwürfe, der Einsturz habe mit dem Bunkerbau zu tun gehabt. „Das Fundament des Bunkers liegt ganz außerhalb des Druckbereichs des Turmes und konnte somit gar nicht die Standsicherheit beeinflussen“, teilte er im Januar 1948 in einem Leserbrief an den Weser-Kurier mit. Dessen ungeachtet waren in den Nachkriegsjahren zahlreiche Zeitgenossen von den negativen Auswirkungen des Bunkerbaus überzeugt, anderslautende Angaben wurden als NS-Propaganda abgetan. Letzte Klarheit wird darüber kaum zu erlangen sein.

Denkmalpfleger Grohne drückte aufs Tempo

Nach dem Schadensfall am Fundament drückte Denkmalpfleger Grohne aufs Tempo. Nach und nach ließ er unersetzliche Zeugnisse der Kultur- und Kirchengeschichte aus dem gefährdeten Gemäuer schaffen. Rechtzeitig abtransportiert wurden das Grabmal Arnd von Gröpelingens, die Kanzel sowie ein Teil des Gestühls.

Auch der alte Renaissanceprospekt der Orgel konnte noch in Sicherheit gebracht werden. Ein Rätsel gibt die verpfuschte Sicherstellung der Orgel selbst auf. Zwar wurde sie noch im August 1944 weggeschafft. Doch statt sie in einem bombensicheren Refugium unterzubringen, blieb sie in der Kirche. Und nicht nur das, das Instrument wurde ausgerechnet in den Turm gebracht, also just in den Gebäudeteil, der erwiesenermaßen am wenigsten Schutz bieten konnte. Sollte der Turm womöglich nur eine Zwischenstation auf dem Weg nach draußen sein? Oder wurde der Platz in einer sieben Meter breite Nische ausgewählt, weil genau dort Verstärkungen eingebaut werden sollten? Man weiß es nicht, die Archive geben darauf keine Antwort.

Gegen Mitte August 1944 verdichteten sich die Anzeichen, dass der Turm akut einsturzgefährdet war. Schon seit Wochen hatte das uralte Gemäuer vernehmlich vor sich hin geseufzt, die bedrohlichen Geräusche aus dem Mauerwerk waren nicht mehr zu überhören. Bei einer Untersuchung stellten Experten des Vermessungsamtes fest, dass die Turmspitze im Vergleich zur letzten Messung zehn Jahre zuvor um 56 Zentimeter in südwestlicher Richtung gewandert war.

Dabei neigte sich das Bauwerk nicht etwa in eine bestimmte Richtung wie der schiefe Turm von Pisa. Vielmehr drehte sich der Turm in sich selbst.

Die Behörden machten sich jetzt auf das Schlimmste gefasst. Ein Turmwächter wurde engagiert, der Tag und Nacht seine Runden drehte und ein wachsames Auge auf das Gebäude warf. Damit ihm auch nicht die geringste Bewegung im Mauerwerk entging, brachte er Zementbänder an den Außenmauern an. Schon bald zeigten sie an, wie stark es in dem maroden Bauwerk arbeitete. Einzelne Mauersteine wurden weit aus der Wand herausgedrückt, in manche Risse ließ sich bequem eine Hand stecken.

Um nicht unnötig Menschenleben aufs Spiel zu setzen, ordnete Polizeipräsident Johannes Schroers am 17. August die Evakuierung der noch bewohnten Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft und die Sperrung der Obernstraße an. Auf einem Foto, das nach dem verheerenden Luftangriff in der Nacht vom 18. auf den 19. August 1944 aufgenommen wurde, sind die Absperrgitter in Höhe der Brill-Kreuzung zu sehen. Im Hintergrund erhebt sich wie seit 600 Jahren der Ansgarii-Turm. Es ist vielleicht das letzte Bilddokument vom intakten Turmgemäuer.

Der Polizeipräsident regte eine Sprengung des Turms an

Einfach hinnehmen wollte der Senat den drohenden Verlust des Bremer Wahrzeichens indessen nicht. Auf Empfehlung des Gutachters legte die Stadtregierung am 26. August ein Sofortprogramm zur Rettung des ramponierten Gemäuers auf. „Sofern nicht schnellstens besondere Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden, wird damit zu rechnen sein, dass der Turm in absehbarer Zeit einstürzt“, warnte Schroers. Ein Korsett massiver Stützbalken sollte das brüchige Mauerwerk vor dem Kollaps bewahren. Freilich stellten sich praktische Schwierigkeiten ein. Denn wie sollten die Männer auf ihren Gerüsten noch rechtzeitig aus dem Turm herauskommen, wenn er wirklich ins Wanken geriet? Drei Wochen waren für die Stützaktion veranschlagt, danach sollten die eigentlichen Arbeiten zur Festigung des Turmfundaments beginnen.

Doch es war zweifelhaft, ob der Turm so lange überhaupt noch durchhalten würde. Deshalb machte sich Schroers für eine radikale Lösung stark: „Unter den obwaltenden Umständen möchte ich im Interesse der öffentlichen Sicherung in Erwägung bringen, ob nicht zur Behebung der bestehenden grossen Einsturzgefahr eine umgehende Sprengung des Kirchturmes den geplanten Instandsetzungsarbeiten vorzuziehen ist.“

Kreuzung Obernstraße/Brill am 19. August 1944: vielleicht das letzte Bilddokument des intakten Ansgarii-Kirchturms. Gut zu erkennen ist die Absperrung der Obernstraße. Bildvorlage: Staatsarchiv Bremen

Kreuzung Obernstraße/Brill am 19. August 1944: vielleicht das letzte Bilddokument des intakten Ansgarii-Kirchturms. Gut zu erkennen ist die Absperrung der Obernstraße.
Bildvorlage: Staatsarchiv Bremen

Derweil wurde Kritik an der Straßensperrung laut. Zumal Schroers durchblicken ließ, dass er auch nach Fertigstellung der Stützvorrichtung nicht im Traum daran dachte, die Sperrung einzuschränken oder gar aufzuheben. Einige Spitzenbeamte hielten das für übertrieben. Oder zumindest für unangemessen, weil 2000 Schutzsuchende keinen Zugang mehr zum Ansgaribunker hatten und Arbeiter kriegswichtiger Betriebe auf die Straßenbahn als Transportmittel verzichten mussten.

In den Amtsstuben redete man sich die Köpfe heiß, ob freien Verkehrswegen oder Sicherheitsaspekten der Vorrang zu geben sei. Einen Tag vor dem Einsturz wurde eine Krisenrunde einberufen. Die entscheidende Frage lautete, ob die Stützaktion des Turms weiter fortgesetzt werden sollte oder ob er wegen akuter Einsturzgefahr gemäß dem Schroers-Vorschlag „umgelegt“ werden müsste. Man verständigte sich auf einen Kompromiss: Die Straßenbahnen sollten wieder fahren dürfen, aber nur „unter gewissen technischen Voraussetzungen“. Im Klartext hieß das: vorsichtiges Fahren, keine Haltestellen, kein Bremsen. Mögliche Todesopfer oder Verletzte bei einem Einsturz wurden billigend in Kauf genommen. Der ungehinderte Transport der Arbeiter und Angestellten hatte Vorrang gegenüber „friedensmäßigen Sicherheitserwägungen“, wie es in einer Mitschrift heißt.

Doch schon sehr bald erwiesen sich alle Überlegungen und Absprachen als obsolet. Denn im Wettlauf mit der Zeit hatte der Rettungseifer der Behörden keine Chance. Noch ehe die ersten Balken an ihrem Platz waren, brach der Turm in sich zusammen. Den letzten Anstoß hatten heftige Windböen gegeben, ihnen war das fragile Mauerwerk nicht mehr gewachsen. Auf den ersten Aufnahmen nach dem Einsturz ist eine Staubwolke über der Unglücksstelle zu erkennen, der starke Wind dürfte sie entfacht haben.

Den Turmwächter rettete der pünktliche Gang zum Mittagessen 

Dass keine Todesopfer zu beklagen waren, wurde später gern als Wunder bezeichnet, ist aber natürlich auch den Vorsichtsmaßnahmen zu verdanken. Und doch wäre es beinahe anders gekommen. Denn der Kirchendiener war nicht der einzige, der sich eben noch rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte. Auch der erst zwei Wochen vor dem Einsturz engagierte Turmwächter durfte sich glücklich schätzen, mit dem Leben davongekommen zu sein. Ihn rettete der pünktliche Gang an den Mittagstisch. Zusätzlich hatte noch in letzter Minute ein Unbekannter entrinnen können, vermutlich ein neugieriger Passant, der sich in die Sperrzone geschlichen hatte. Auf ihn stieß Museumsleiter Grohne, als er sich gerade anschickte, den Turm zu inspizieren. Sein Eindruck: „Das Mauerwerk schien zu ächzen und zu stöhnen.“ Grohne wäre zweifellos ein prominentes Opfer gewesen. Doch die Wendeltreppe hatte er schon gar nicht mehr erklimmen können, heruntergerutschte Steinmassen versperrten den Aufstieg. Auf das Höchste alarmiert, eilte er auf dem schnellsten Wege zum Polizeipräsidium, um sofortige Absperrmaßnahmen einzufordern.

Ein trostloser Anblick: Ein weiterer Luftangriff am 6. Oktober 1944 setzte die noch unversehrt gebliebenen Teile des Kirchenschiffs in Brand. Nur die Außenmauern und die Kapelle blieben erhalten. Bildvorlage: Staatsarchiv Bremen

Ein trostloser Anblick: Ein weiterer Luftangriff am 6. Oktober 1944 setzte die noch unversehrt gebliebenen Teile des Kirchenschiffs in Brand. Nur die Außenmauern und die Kapelle blieben erhalten.
Bildvorlage: Staatsarchiv Bremen

Wie dramatisch sich die Ereignisse in den letzten Augusttagen zuspitzten, dokumentieren die einschlägigen Akten im Staatsarchiv Bremen. In immer kürzerer Folge berieten sich Fachleute und Sicherheitskräfte, wurden Argumente ausgetauscht und abgewogen. Zuletzt überstürzten sich die Ereignisse: Ein Staatsdiener hatte eben erst die Ergebnisse der Krisenrunde zu Papier gebracht und das fertige Schriftstück mit dem Datum des 1. September versehen, als er den Vorgang endgültig ad acta legen konnte. Ein handschriftlicher Zusatz mit den lakonischen Worten „Der Turm ist eingestürzt“ beendete das Kapitel Ansgariturm.

Einziger Trost: Der Schaden war nicht so groß wie erwartet. Denn statt der Länge nach umzukippen und dabei das gesamte Kirchenschiff einschließlich der südwärts angebauten Häuser unter sich zu begraben, ging der Turm gleichsam in die Knie, er knickte an seiner schwächsten Stelle im südöstlichen Bereich ein und faltete sich im Fallen wie eine Ziehharmonika. Dadurch reduzierte sich die Aufprallfläche, die Schneise der Verwüstung entsprach nicht der Turmhöhe. Unmittelbar nach dem Einsturz aufgenommene Fotos zeigen sehr deutlich die Schneise, die der umgekippte Turm in das Kirchenschiff geschlagen hatte. Und auch, wie relativ gut erhalten die Bereiche links und rechts der Einsturzstelle sind. Erst ein weiterer Luftangriff am 6. Oktober 1944 gab der Kirchenruine den Rest. Das ohnehin schwer beschädigte Dach ging in Flammen auf, nur die kahlen Seitenwände blieben erhalten.

Endgültig vernichtet wurde auch der ins Kircheninnere gestürzte Turmhelm. Eigentlich hatte Grohne sich dafür einsetzen wollen, den Helm vor unsachgemäßem Zugriff zu bewahren. Immerhin war der Helm eng verknüpft mit der Geschichte der Landesvermessungen, der berühmte Astronom Carl Friedrich Gauß hatte von dort oben Winkelbeobachtungen durchgeführt. In einer Aktennotiz für den Leiter der Finanzabteilung der Bremischen Evangelischen Kirche heißt es, die Turmspitze sei an diesem 6. Oktober vollkommen zerstört worden. „Eine Sicherstellung des Turmhelmes erübrigt sich somit.“

In den Nachkriegsjahren entbrannte ein heftiger Streit um die Kirchenruine. Gewichtige Stimmen sprachen sich für den Erhalt der Ruine aus, zwischenzeitlich war ein Mahnmal im Gespräch. Doch die Kirchengemeinde konnte den Erlös gut gebrauchen für den Neubau des Gotteshauses in Schwachhausen. Nachdem der Denkmalschutz aufgehoben war und die Kirchengemeinde das Areal an den Warenhauskonzern Hertie verkauft hatte, rückten Anfang 1959 die Abbruchbagger an. Im April 1959 gehörte das Kapitel St. Ansgarii-Kirche endgültig der Vergangenheit an.

von Frank Hethey

Ein einziges Trümmerfeld: Blick von der Obernstraße in Richtung Dom kurz nach dem Einsturz des Ansgarii-Kirchturms. Die Schuttmassen türmten sich meterhoch, die größten Brocken mussten gesprengt werden. Bildvorlage: Staatsarchiv Bremen

Ein einziges Trümmerfeld: Blick von der Obernstraße in Richtung Dom kurz nach dem Einsturz des Ansgarii-Kirchturms. Die Schuttmassen türmten sich meterhoch, die größten Brocken mussten gesprengt werden. Bildvorlage: Staatsarchiv Bremen

Jung, aber mit viel Geschichte

50 Jahre
Universität Bremen

50 Jahre sind seit der Gründung der Universität Bremen vergangen. Auf dem Weg von der vermeintlichen roten Kaderschmiede zur Exzellenzuniversität ist viel passiert: Wir haben den ersten sowie den aktuellen Rektor interviewt und mit Absolventen gesprochen – zu denen auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte gehört. Zudem hat uns ein Architekt über den Campus begleitet. Das Magazin der Reihe WK | Geschichte gibt es ab 18. September in den ­Kundenzentren des WESER-­KURIER, im Buch- und Zeitschriftenhandel, online unter www.weser-kurier.de/shop und unter 0421 / 36 71 66 16.

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