Wenn es auch nicht so aussieht: Der eigentliche Grund für diese „Beinbeschau“, die im Oktober 1950 im Bremer Lloyd-Hotel stattfand, war ein fast wissenschaftlicher, auf jeden Fall aber ein geschäftlicher. Zu der Veranstaltung hatten die Unterroter ARWA-Strumpfwerke aus dem Nordosten Baden-Württembergs aufgerufen. Weil die Beine der deutschen Frauen seit 1938 länger und kräftiger geworden waren, musste ein neues Normalmaß für die damals noch passgenau gewirkten und genähten Strümpfe berechnet werden.

Fabrikant Hans Thierfelder, der die große Marktanalyse in Auftrag gab, hatte die Idee mit der Ausschreibung zu der Wahl der „schönsten Beine Deutschlands“ – so, das war sein Kalkül, würde er an die Maße vieler Frauen kommen. Tausende schickten ihre an Fessel, Wade und Oberschenkel gemessenen Daten an
die ARWA-Werke, und viele nahmen dann an Vorentscheidungen in allen größeren Städten teil – so auch in Bremen.

Ursula Knoth, mit Künstlernamen Gonda Sureen, gerade mal 18 Jahre alt und in Bremen als Tänzerin und Artistin bekannt, wurde nicht nur die „Beinkönigin“ der Hansestadt; sie wurde in einer Finalausscheidung im Juni 1951 im Münchner Regina-Palast-Hotel auch zu „Deutschlands Beinkönigin“ gekürt und erhielt als Preis ein Flugticket nach Hollywood zu einer Werbetour durch die USA. Heute lebt Ursula Knoth in einem Bremer Pflegestift.

Dass diese Veranstaltungen neben dem geschäftlichen und halbwissenschaftlichen Teil auch viel über das deutlich männlich-voyeuristische Empfinden verrieten, zeigen Textauszüge aus dem WESER-KURIER: „Zettel um Zettel wurde beschrieben, … bis vier Damen vor dem Richtertisch standen, die Röcke schoben sich hoch …“ oder die Bildunterschrift „Wer möchte da nicht Richter sein?“

Mehr dazu im neuen „Mein Bremen 1945 bis 1967“ – der zweite Teil ist jetzt erschienen!

Um die schönsten Beine Deutschlands ging es im Oktober 1950 im Lloyd-Hotel – eine Vorentscheidung für den Bundesvergleich.
Foto: Georg Schmidt

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

„Erst der Hafen, dann ist die Stadt“

Im Magazin „Erst der Hafen, dann ist die Stadt“ über Bremen und seine Häfen gehen wir in vielen historischen Bildern auf Zeitreise durch die maritime Vergangenheit unserer Hansestadt. Wie entwickelten sich die Häfen in Bremen vom Mittelalter bis heute? Wie sah die Arbeit zwischen Ladeluke, Kaje und Schuppen aus? Was hatte es mit den Anbiethallen auf sich? Und wie veränderte die Containerschifffahrt die Häfen? Wir blicken auf die Gründung der Freihäfen um 1900 und den Strukturwandel rund 100 Jahre später. Wir erzählen von Schmugglern und Zöllnern, von Bremens großen Werften sowie Abenteuern, Sex und Alkohol an der Küste – dem Rotlichtviertel am Hafen.

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