Das „studio für filmkunst“ eröffnete im April 1957 im Untergeschoss / Gebäude war damals erst im Rohbau fertig

Wer 1957 am Herdentorsteinweg 39 vorbeiging, konnte es fast nicht für möglich halten, dass unter dem ehemaligen Hinterhof ein komplettes Kino entstanden war. Dem Architekten Hans-Albert Schlemm sowie dem  Bauherrn und Kinoinhaber Carl Müller war damit eine Überraschung  gelungen.

Dabei war das Gebäude mit seinen sechs oberen Etagen erst im Rohbau fertig. Aber das Kino oder Lichtspieltheater, wie man damals sagte, mit seinen 720 Quadratmetern und Platz für 470 Personen, war schon betriebsbereit. Nach ein paar hinunter führenden Treppenstufen gelangte man ins erste kleinere Foyer, wo sich die Kasse und der Tabakwaren- und der Konfitürenstand befand. Danach tat sich das das Hauptfoyer auf, und zwar mit Garderobe, Toiletten, dem Aufgang zur Loge, einem Springbrunnen und Fischteich. Das Kino war für Normalfilm, Breitwand, Cinemascope, Lichtton und Magnetton und einer induktiven Schwerhörigen-Anlage (von jedem Platz aus hörbar) ausgestattet.

Ein verheißungsvoller Anfang: Mit den „Ladykillers“ begann die erste Spielzeit. Hier die Kinoanzeige für das „studio für filmkunst“ am 30. April 1957 im Weser-Kurierm Quelle: Archiv des Weser-Kuriers

Ein verheißungsvoller Anfang: Mit den „Ladykillers“ begann die erste Spielzeit. Hier die Kinoanzeige für das „studio für filmkunst“ am 30. April 1957 im Weser-Kurierm
Quelle: Archiv des Weser-Kuriers

Am Sonntag, 28. April 1957, fand die Eröffnung des Kinos unter dem Namen „studio für filmkunst“ statt. Der Besitzer Carl Müller sprach zum Sinn und Aufgabe von Filmkunstbühnen, den wertvollen Film der Öffentlichkeit bekannt zu machen und sich für alle einzusetzen, die sich der Bedeutung des Films als künstlerisches Ausdrucksmittel unserer Zeit bewusst seien. Mit dem anschließend gezeigten englischen Film „Ladykillers“ begann dann die Spielzeit.

In der Folgezeit zeigte das „studio für filmkunst“ künstlerische Filme. 1989, zur Zeit der „Schuhschachtelkinos“ wurde der Ein-Kinoraum in zwei Kinos aufgeteilt. Diese erhielten die  Namen „FILM-STUDIO“ und „atelier“.

Das „studio für Filmkunst“ wurde 2003 geschlossen

1998 übernahm der Kino-Unternehmer Manfred Brocki das ehemalige „Studio für Filmkunst“. Vorher hatte er schon das „Europa“ an der Bahnhofstraße, das „City“ an der Birkenstraße, die „Gondel“ an der Schwachhauser Heerstraße und das „Atlantis“ an der Böttcherstraße übernommen.

Im April 1957 war das Gebäude am Herdentorsteinweg 39 erst im Rohbau fertig, als der Kinobetrieb schon startete. Rechts befand sich in Nr. 38 die Gaststätte „Grauer Kater“ (heute „Klause 38“). Quelle: Staatsarchiv Bremen

Im April 1957 war das Gebäude am Herdentorsteinweg 39 erst im Rohbau fertig, als der Kinobetrieb schon startete. Rechts befand sich in Nr. 38 die Gaststätte „Grauer Kater“ (heute „Klause 38“).
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Das „studio für Filmkunst“ schloss Brocki 2003, als der Vermieter eine erhebliche Mieterhöhung durchsetzen wollte.

Nach sieben Jahren Leerstand wurde im November 2010 in den Räumen des ehemaligen „studio für filmkunst“ das „Fritz“ als Unterhaltungstheater eröffnet. Der Name „Fritz“ ist eine Hommage an Emil Fritz, den  legendären Gründer des ehemaligen „Astoria“.

Wer an einem Veranstaltungstag am Herdentorsteinweg 39 vorbeikommt und sieht, dass das „Fritz“ geöffnet ist, der sollte, wie ich es getan habe, die paar Stufen in den Keller hinabsteigen. Dann sollte man nett beim Personal am ersten Foyer fragen, ob man mal ins Hauptfoyer und in den Saal schauen dürfe. Und schon kann man sich vorstellen, wie es 1957 zur Eröffnung ausgesehen haben mag.

von Peter Strotmann

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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