Die Parkuhr als Das „Groschengrab“:
Auf einer im Boden verankerten Säule ist eine mechanische Uhr installiert. Angezeigt wird die verbleibende zulässige Parkzeit. Nach Einwurf eines „Parkgroschen“ wird die entsprechende Parkzeit freigegeben.
Quelle: Archiv des Weser-Kuriers

Das Fundbild des Monats: „Schmuddelfoto“ des Concordia-Tunnels

Aus welchem Grund hat jemand dieses schmuddelige Bremer Hinterhof-Ambiente fotografiert? Das fragte ich mich, als ich im Staatsarchiv für Bremen History nach neuen Bildern stöberte. Datiert ist das Foto auf das Jahr 1973. Doch ist das wirklich richtig? Mit einem Scan des Fotos begab ich mich nach Hause. In meinem Beitrag versuche ich, dem Amateur-Foto einige interessante Details zu entlocken.

Der Parkplatz mit Parkuhr

Auf dem Fußweg und einem Stück Straße ist die Parkplatzbegrenzung in weißen Streifen aufgezeichnet. Der Fußweg ist damit aufgehoben. Ganz rechts steht eine Parkuhr. Die ersten sieben Parkuhren wurden am 2. November 1955 in Bremen aufgestellt.

Es war damals als Versuch vorgesehen. Durch diesen Versuch sollten die Autofahrer an die Parkuhren gewöhnt werden. Der Parkplatz kostete 10 Pfennig pro halbe Stunde, 20 Pfennig für die ganze Stunde. Damit konnte ein Kraftfahrer für eine kurze Zeit einen Parkplatz erhalten, der sonst von einem Dauerparker belegt worden wäre. Dabei wurde betont, man wolle den Stadthaushalt nicht mit den Parkgebühren sanieren.

Wie nicht anders zu erwarten war, folgten bald die nächsten 150 Parkuhren und man peilte 2400 installierte Parkuhren an. Damit wird sich dann schon das Staatssäckel gefüllt haben.

Mit den neuen elektronischen, oft auch solarbetriebenen Parkschein-Automaten wurden um 2000 auch die Parkuhren Stück für Stück abgebaut. Aus dem Groschen wurden später eine Mark und dann alles in Euro umgerechnet für die halbe, bzw. ganze Stunde.

Die Pflanzen in den Pflasterritzen

Dort, wo der Mensch durch Pflasterung und Bauten die Natur zurückgedrängt hat, können sich in Fugen und Ritzen kleine, neue Lebensräume ausbilden. Für die Pflanzenwelt bezeichnet man das als Fugenvegetation oder auch Pflasterritzenvegetation. Leben können dort aber auch Bodenbewohner wie Regenwürmer und Ameisen. Leider wird oft mit drastischen Mitteln versucht, das „Unkraut“ auszurotten. Hier durfte es wohl stehen bleiben.

Der Männerstand

Der Concordia-Tunnel heute: eine
ähnliche Aufnahmesituation wie auf dem Foto von vor 1971.
Diese Straßenseite gehört zum Stadtteil Östliche Vorstadt
Foto: Peter Strotmann

Links, im zweiten Drittel befindet sich, hineingebaut in den Bahndamm, der Eingang zu einem sogenannten „Männerstand“. Das waren diese berühmt-berüchtigten Stehpissoire. Die 25 Watt-Birne in einer mit einem Drahtgitter gesicherten Deckenlampe spendete nur ein mattes Licht. Es reichte so eben, um beim Pinkeln in die Bodenrinne zu zielen. Das meiste ging sowieso auf den Fußboden und spritzte an Schuhe und Hose. Eklig. Und dazu kam der Gestank. Der hat sich sicher bei jedem ins Gehirn gebrannt. Diese Art Männerstände wurden Mitte der 1970er nach und nach geschlossen.

Das Einbahnstraßenschild

Dieses rot-weiße Einbahnstraßenschild wurde 1971 durch das heute noch gültige blau-weiße ersetzt. Vielleicht hat man es in einer Übergangszeit noch nicht ausgetauscht. Doch es bleibt die Vermutung, dass das Foto „Fundbild des Monats“ nicht aus dem Jahr 1973 stammt, sondern vor 1971 aufgenommen wurde.

Das Straßenschild

Auf dem Straßenschild steht „Herderstraße“. Damit wissen wir, dass rechts davon die Schwachhauser Heerstraße vorbeiführt. Auf der anderen Straßenseite der Herderstraße stand das „Concordia“, das 2016 abgerissen wurde.

Der Concordia-Tunnel

Es sind drei Eisenbahnbrücken, die die Schwachhauser Heerstraße queren. Aber allgemein sagt man dazu „Concordia-Tunnel“. Diese Stahlträgerbrücken waren nur für geringe Belastung ausgelegt. Zudem blieben wegen der geringen lichten Durchfahrtshöhe von knapp 4 Metern oftmals LKW’s darunter hängen. Ganz linksVol sehen wir einen Teil der Werbung: den Mercedes-Stern. Die vordere und die mittlere Brücke wurden zwischen 2007 und 2010 gegen Fachwerkbrücken ausgetauscht. Jetzt beträgt die lichte Höhe 4,50 Meter. Die hintere Brücke, nach Schwachhausen hin, installierte man bereits 1999 bis 2000.

Straßenschild neuerer Bauart:
Die Herderstraße vor dem ehemaligen „Concordia“ wurde 2013 aufgehoben und die Herderstraße damit zur Sackgasse.
Foto: Peter Strotmann

VW Bulli

Der VW Bulli mit dem Kennzeichen HB-AJ 349 war ein VW-Bus oder VW-Transporter vom Typ T1, der von 1950 bis 1967 gebaut wurde. Einige äußere Merkmale diese Typs sind: die Front mit V-förmig zulaufenden Sicken, das große VW-Emblem und die geteilte Frontscheibe.

Dieser Wagen wurde fast nur in seiner Kurzform „Bulli“ genannt. Woher der Name kam, das kann nur vermutet werden. Einige halten es für eine Wortbildung aus Bus und Lieferwagen, während andere es eher auf die bullige Form des Autos zurückführen. Erst kürzlich wurde vermeldet, VW arbeite an einer Neuauflage des Bulli als Retro-Bus. Als Modell T5/T6 wird der VW-Bus noch heute gefertigt.

Fazit:

Das Foto des Monats hat jetzt doch einige seiner Geheimnisse preisgegeben. Doch warum der Fotograf das „Stillleben“ aufgenommen hat, das wird wohl immer sein Geheimnis bleiben.

von Peter Strotmann

Wohin führt nur diese Tür im Concordia-Tunnel? Peter Strotmann weiß Bescheid.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

 

Jung, aber mit viel Geschichte

50 Jahre
Universität Bremen

50 Jahre sind seit der Gründung der Universität Bremen vergangen. Auf dem Weg von der vermeintlichen roten Kaderschmiede zur Exzellenzuniversität ist viel passiert: Wir haben den ersten sowie den aktuellen Rektor interviewt und mit Absolventen gesprochen – zu denen auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte gehört. Zudem hat uns ein Architekt über den Campus begleitet. Das Magazin der Reihe WK | Geschichte gibt es ab 18. September in den ­Kundenzentren des WESER-­KURIER, im Buch- und Zeitschriftenhandel, online unter www.weser-kurier.de/shop und unter 0421 / 36 71 66 16.

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