Am Emmasee befindet sich heute das dritte Kaffeehaus / Das erste Haus wurde 1897 abgerissen, das zweite 1943 zerstört
Zum Bau des ersten Kaffeehauses am Emmasee gibt es in der Literatur, aber auch den einschlägigen Homepages teils ähnliche, teils sich widersprechende Beschreibungen. Deshalb sei hier eine Baugeschichte erzählt, wie sie am plausibelsten erscheint.
Sehen wir uns den ersten Plan des Gartenarchitekten Wilhelm Benque von 1866 an, so ist an der nordwestlichen Ecke des anzulegenden Bürgerparks ein Waldsee mit vielen Buchten und zwei Inseln zu sehen. Weiterhin ist bereits an der Südseite des Sees ein „Waldhäuschen aus Nadelholz“ eingezeichnet. Als erste Baustufe erstellte man eine Art Hirtenhaus, ein kleines Gebäude mit einem kleinen Wirtschaftsbetrieb. Vom 2. Februar 1867 wird berichtet, dass der erste Wirt namens Scholle, um mehr Besucher unter seinem Dach aufnehmen zu können, auf eigene Rechnung ein Restaurationszelt errichten wollte, nach dem Entwurf des Architekten Heinrich Müller.
Die Genehmigung wurde erteilt, jedoch öffentliche Tanzpartien grundsätzlich verboten. In einer leichten Holzkonstruktion entstand ein kleines Fachwerkhaus im Schweizerstil. Man nannte es das „Zelt“, aber auch „Waldhaus“. Bereits am 6. Juni 1867 fand die erste Sitzung des Vorstandes im neuen Restaurant am Emmasee statt. Das sommers wie winters beliebte Gartenrestaurant wurde 1868 durch eine Küche einen Musikpavillon, eine Grotte erweitert und das Gebäude 1874 vergrößert. Damit war das erste Kaffeehaus am Emmasee, wie es auf dem Plan von 1884 steht, zum Veranstaltungsort von Konzerten, Festen und Feuerwerken geworden.
Eine großzügige Spende ermöglichte den Bau des zweiten Kaffeehauses
Hatte man den Bau des ersten Kaffeehauses dem Wirt überlassen, so war damit das Gebäude entsprechend einfach gehalten. Da ergab sich, dass der Bürgerparkverein aus einem Vermächtnis von J. H. Gräving 30.000 Mark erhielt und der Brauereidirektor Lambert Leisewitz aus Anlass seiner Silberhochzeit 50.000 Mark spendete. Damit ließ sich anstelle des „Zeltes“ ein richtig solides Kaffeehaus an gleicher Stelle errichten.
Nach einem Wettbewerb erhielten die Architekten Klingenberg & Weber vom Bürgerparkverein den Zuschlag und bauten ein Kaffeehaus im „Tiroler Stil“. Es war ein Gebäude in einfachster Ausführung, wie die Fachpresse schrieb, mit zwei Sälen: einem Sommer- und einem Wintersaal. Nur diese waren etwas reicher ausgeschmückt. Dazu gab es eine Anzahl Wirtschaftsräume. Am 1. Oktober 1897 wurde das neue Kaffeehaus eröffnet. Markant war der hohe Schmuckturm auf der Deckenkonstruktion des Sommersaals. Doch dieser Turm musste 1918 abgerissen werden, da er sich bei einem Sturm derartig geneigt hatte, dass er auf den Sommersaal zu stürzen drohte. Ein Schicksal, das einigen Jahre zuvor auch den Türmen des Parkhauses widerfahren war. 1909 ergänzte man das Haus um einen Musikpavillon, er wurde nach dem Stifter Bankier Eduard Wätjen benannt . Das Kaffeehaus bot innen und außen Platz für 3.300 Personen, andere Quellen sprechen von 4.000 Personen.
Das Kaffeehaus wurde im November 1943 durch Brandbomben zerstört und die Holzreste von notleidenden Bürgern als Brenn- oder Bauholz „mitgenommen“. Lediglich die Grundmauern blieben noch stehen. Aber bereits ab 15. Juli 1946 gab die Niederdeutsche Bühne im Kaffeehaus täglich Freilichtaufführungen. Sie wurden eröffnet mit dem Stück „De Deerns ut ’n Dorfkroog“ und im nächsten Monat folgte „För de Katt“. Ab Anfang Mai 1952 startete ein Zeltbetrieb für die Sommermonate als Ersatz für das im Kriege zerstörte Kaffeehaus. Da ein Wiederaufbau des Kaffeehauses auf dem alten Fundament nicht mehr möglich war, wurden im Dezember 1957 alle Mauerreste des alten Gebäudes beseitigt.
Der Erlös der Bürgerpark-Tombola für ein neues Kaffeehaus am Emmasee
Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit wurde der Wunsch unter den Parkbesuchern immer größer, wieder ein Kaffeehaus am Emmasee zu haben. Vorerst mussten jedoch die vielen Kriegsschäden im Bürgerpark beseitigt werden. Ab 1953 startete die Bürgerpark-Tombola. Ein Teil des Erlöses galt dem Wiederaufbau des Kaffeehauses.
Aber es sollte noch bis 1961 dauern, bis man endlich einen Grundstock von 470.000 Mark zusammen hatte.
Der damalige Parkdirektor favorisierte ein sogenanntes Hallenständerhaus, das einem großem Bauernhaus ähnlich gewesen wäre. Doch dem Vorstand des Bürgerparkvereins lag auch der moderne, im Stil der 1960er Jahre gehaltene Entwurf der Architekten Hans Budde und Carsten Schröck vor: „Das neue Kaffeehaus soll auf der Landzunge gegenüber dem alten Kaffeehaus errichtet werden. Dieser Bauplatz hat gegenüber dem alten Bauplatz große Vorzüge. Die Sonne kann von Osten, Süden und Westen ungehindert einfallen. Von allen Teilen des Bauwerks ist der Blick auf die idyllische Umgebung sehr reizvoll. Es soll ein reichgeliederter Flachbau mit großen Holz- und Fensterflächen werden. Vorgesehen sind 120 Sitzplätze und 200 Plätze im Freien.“
Dieses Konzept überzeugte den Vorstand. Und obwohl der Bau 750.000 Mark kosten sollte, wurde er gebilligt. Denn man vertraute auf die weitere Spendenbereitschaft der Bremer Bürger. Der Baubeginn für das neue Kaffeehaus war im Mai 1963, das Richtfest im Oktober 1963. Zur Eröffnung am 30. April 1964 schreibt der Pächter in einer Anzeige: „Das moderne Café, direkt am See“. Andere sehen die Ähnlichkeit mit einem Ausflugsdampfer, der am Emmasee angelegt hat. Es wird auch Haus auf dem Wasser genannt oder das Kaffeehaus, das im Wasser schwimmt, denn wegen des schlechten Untergrundes gilt es als „statisches Wunder“. Im Inneren bietet es Platz für 100 Gäste, draußen hat es etwa 150 Gartenplätze.
1966 kam die ersten Ruderboote
Während der Bauzeit wurde auch der Emmasee entschlammt. 1966 waren dann die ersten Ruderboote da. 1969 wurde die Erweiterung in der ersten Etage des Wirtschaftsflügels mit 40 bis 50 Sitzplätzen fertiggestellt.
1974 wurde das Gebäude wurde mit dem BDA-Preis ausgezeichnet. In der Begründung der Jury heißt es: „Durch die behutsame, rücksichtsvolle Einfügung des Kaffeehauses in die reizvolle Landschaft des Bürgerparkes, unter Ausnutzung des Ufergeländes des Emmasees, ist eine Freizeitstätte von hoher gestalterischer Qualität und gutem Erholungswert entstanden. Die gelungene Gruppierung der Baukörper, der gute Maßstab der Fassaden, die weitgehende Transparenz und die Sorgfalt im Detail zeichnen die gesamte Anlage aus.“
Seit 1984 sind die Gebäude als Bremer Kulturdenkmal unter Denkmalschutz gestellt. Das ein- bis zweigeschossige Kaffeehaus, ein kubischer Bau mit drei quadratischen 8 x 8 Meter großen Pavillons musste in den 1980ern saniert werden. 2010, nach einer grundlegenden Renovierung, wurde es als „emma am See“ wieder eröffnet. Als ich dieser Tage dort meine Aufnahmen machte, schoss es mir in den Kopf: „Das Haus liegt da wie eine weiße Luxusyacht. Am Bug fehlt nur noch der Schiffsname ‚Emma’“.
von Peter Strotmann