Vor 70 Jahren: Im Juli 1946 trafen die ersten CARE-Pakete in Bremen ein
Der Zweite Weltkrieg hatte allen beteiligten Nationen viel Elend und Verzweiflung gebracht. Es gab viele Millionen Tote, viele Millionen waren auf der Flucht, viele Städte wären verwüstet und überall herrschte Hunger. Ganz Europa hatte unter den Folgen zu leiden. Und auch Deutschland, von dem das Unheil ausgegangen war.
Da viele Amerikaner über die schwierige Lage in Nachkriegs-Europa informiert waren, gründeten 22 amerikanische Wohlfahrtsverbände am 27. November 1945 die C.A.R.E als Abkürzung von „Cooperative for American Remittances to Europe“, auch kurz CARE genannt. Nachdem einige bürokratische Hürden überwunden waren und humanitäre Hilfsgüter auch an den früheren Kriegsgegner Deutschland geliefert werden durften, kamen 1946 die ersten CARE-Pakete nach Europa.
US-Frachter „American Ranger“ bringt 35.700 Liebesgabenpakete nach Bremen
Es soll der 15. Juli 1946 gewesen, als vom US-Frachter „American Ranger“ CARE-Pakete in Bremen entladen werden. Der Weser-Kurier schreibt in seinem Bericht vom 24. Juli 1946: „Im Überseehafen, Pier 15, löscht zur Zeit der Dampfer American Ranger der United States Lines. Seine Ladung besteht aus 35.700 Liebesgabenpaketen und 1.300 Tonnen Lebensmittel.“ Die Bezeichnung Liebesgabenpakete rührt wohl daher, dass die Pakete überwiegend von Freunden und Verwandten in den USA bei CARE bestellt und bezahlt wurden.
Die Verteilung übernahmen die Bremer Wohlfahrtsorganisationen. Benachrichtigte Empfänger konnten ihr CARE- oder auch Liebesgabenpaket ab dem 15. August 1946 bei der Bremer Volkshilfe abholen. Es waren über 2.000 Pakete jetzt vorrätig. Ein Paket empfing eine 71-jährige Frau von ihrer Schwester in New York, ein anderes erhielt eine ebenfalls ältere Frau von ihrer Stieftochter, ein Vetter aus Long Island bedachte seine Cousine. Alle waren gerührt von der Hilfsbereitschaft ihrer amerikanischen Verwandtschaft.
Eine Tochter erzählte später: „Sie glauben gar nicht, wie geschickt meine Mutter war, die mit so wenig Zutaten schmackhafte Essen zubereiten konnte.“
Ten-in-One-Rationen
Diese anfangs gelieferten CARE-Pakete waren sogenannte „Ten-in-One-Rationen“ aus Beständen der US-Armee. Damit sollten während des Zweiten Weltkrieges zehn Soldaten mit einer Mahlzeit versorgt werden. Je Paket war enthalten:
9,8 Pfund Fleisch und Innereien,
6,5 Pfund Cornflakes, Haferflocken und Kekse,
3,6 Pfund Obst und Pudding,
2,3 Pfund Gemüse,
3,9 Pfund Zucker,
1,1 Pfund Kakao-, Kaffee- und anderes Getränkepulver,
0,8 Pfund kondensierte Milch,
0,5 Pfund Butter,
0,4 Pfund Käse,
eine Packung Zigaretten, etwas Kaugummi
Das zweimillionste CARE-Paket wird in Bremen gelöscht
Je Monat sollen 15 amerikanische Frachter CARE-Pakete nach Bremen gebracht haben. Bremen wurde das Verteilzentrum für die westlichen Besatzungszonen. Am 6. Oktober 1947 war es wiederum die „American Ranger“, die das zweimillionste CARE-Paket nach Bremen brachte.
Die „neuen“ CARE-Pakete
Nachdem die Militär-Vorräte aufgebraucht waren, stellte CARE ab 1947 eigene Sortimente zusammen. Diese waren nicht mehr auf die Bedürfnisse von Soldaten, sondern mehr auf die Essgewohnheiten der Zivilbevölkerung abgestimmt. Im Laufe der Jahre ist man noch weiter auf die nationalen, religiösen und ethnischen Anforderungen eingegangen.
Ende der Lieferungen nach Westdeutschland ab 1960
Die ab 1946 nach Deutschland gelieferten CARE-Pakete werden manchen Hunger in der Nachkriegszeit gestillt haben. 1960, als sich die Westdeutschen eines wachsenden Wohlstandes erfreuten, stellte CARE die Lieferungen ein. Bis dahin hatte die CARE-Organisation fast zehn Millionen Pakete (in Europa insgesamt 100 Millionen) im Wert von 360 Millionen D-Mark in der Bundesrepublik und West-Berlin verteilt. Da die DDR die Hilfe vom „Klassenfeind“ ablehnte, gingen dort nur lediglich 80.000 CARE-Pakete hin.
CARE heute
Die CARE-Organisation ist heute aktiver denn je. Das Worte CARE ist nunmehr die Abkürzung von „Cooperative for Assistance and Relief Everywhere“. Das „everywhere“ bedeutet, dass CARE überall dort tätig wird, wo der Not und Armut abgeholfen werden muss. Das ist immerhin in mehr als 90 Ländern der Fall. Jetzt feierte CARE ihr 70-jähriges Jubiläum. Da aber immer wieder Menschen in Not kommen, wird die Hilfe von CARE leider wohl Tradition werden.
von Peter Strotmann