Die Mutter auf dem Weg zum Bunker mit Klein-Astrid im Kinderwagen und Koffer obenauf, 1943.
Quelle: Privat

Die kleine Astrid im und nach Zweiten Weltkrieg

Die kleine Astrid Ulrich wurde 1942 in Bremen geboren. Doch das elterliche Wohnhaus an der Saarlauterner Straße erlitt 1943 bei einem Fliegerangriff einen Bombenschaden. Anschließend war das Haus unbewohnbar. Die Familie, bestehend aus Vater, Mutter, der drei Jahre älteren Schwester und Klein-Astrid, zogen zu den Großeltern in die Georg-Gröning-Straße 65. Während der weiteren Luftangriffe blieben das Haus der Großeltern und auch die Nachbarhäuser unbeschädigt.

Wenn die Sirenen einen Luftalarm ankündigten, packte die Mutter die kleine Astrid in den Kinderwagen und stellte den Notfallkoffer oben drauf. Und ab ging es zum Bunker* auf dem Gelände des St. Joseph-Stifts.

Das GI-Paradise kommt

Ab dem 8. Mai 1945 waren die Amerikaner als Besatzer dabei, sich in Bremen wohnlich einzurichten. Es wurde das „GI Paradise“, ein Soldaten-Paradies, geschaffen. Um die große Anzahl Soldaten „GI’s“, Offiziere und ziviles Personal, unterzubringen, beschlagnahmte die Militärregierung viele hundert Wohnungen und Häuser. Die bisherigen Bewohner mussten dabei innerhalb von Stunden ausziehen und sich eine neue Bleibe suchen.

Astrid mit „Blinki“, 1945:
Da ist ist die Freude beidseitig.
Quelle: Privat

So geschah es auch in der Georg-Gröning-Straße. Das Haus von Astrids Großeltern, Nr. 65, wurde nicht beschlagnahmt. Doch die Nachbarhäuser traf es. Die Beschlagnahme dauerte von 1945 bis 1949. In das einzeln stehende Nachbarhaus, Nr. 67, auf der linken Seite, zog der US Kommandant, Mr. Riddle, ein. Im Doppelwohnhaus rechts, Nummern 63 c und 63 b, wohnten die Mannschaften: „GIs“ wie „Stinki“, „Blinki“ und der Zivilist Mr. Mc Green.

Keine Verbrüderung, außer mit Klein-Astrid

Schon bald nach der Landung in der Normandie, dem D-Day am 6. Juni 1944, erließen die Alliierten ein Fraternisierungsverbot an ihre Soldaten. Das war ein Verbot, mit Deutschen in freundschaftlichen Kontakt zu treten. Denn die Deutschen galten wegen ihrer jüngsten, grausigen Geschichte allesamt als Verbrecher. Das Verbot schloss das Händeschütteln mit Deutschen, gemeinsames Tanzen, Essen, Besuche usw., bis hin zur Heirat ein.

In den ersten Monaten nach dem 8. Mai 1945 hielt man sich noch an dieses Verbot. Doch die Deutschen waren froh, dass der Krieg vorbei war und sie zeigten sich ganz kooperativ. Deshalb wurde das Fraternisierungsverbot am 1. Oktober 1945 wieder aufgehoben. Im Laufe der Zeit entwickelten sich viele freundschaftliche Kontakte zwischen Deutschen und Amerikanern.

Georg-Gröning-Straße, 2017
Hausnummern von links nach rechts: 67, 65, 63c+63b
Quelle: Peter Strotmann

Als die Amerikaner in den besetzten Häusern an der Georg-Gröning-Straße wohnten, sahen sie die kleine, knapp dreijährige Astrid. Da wird ihnen das Herz übergelaufen sein. Es war ein so ein kleines, unschuldiges Mädchen. Es hätte die eigene Tochter sein können. Da pfiffen sie auf das Verbrüderungsverbot und Klein-Astrid wanderte von Arm zu Arm.

Astrid mit „Dicki“, 1945:
Das scheint nicht ganz angenehm zu sein.
Quelle: Privat

Mr. Mc Greene lud die ganze Familie zu sich in die Wohnung zur Weihnachtsfeier 1945 ein. Es gab Glibberpudding, „Wackelpeter“. Jedes von den Kindern bekam einen großen roten Strumpf, der mit Spielsachen und Süßigkeiten gefüllt war.

Nachtrag: Die „Quelle: privat“ sind Astrid’s geerbtes Familienalbum, sowie weitere Informationen zur Familiengeschichte bei der Übergabe der Fotos.

*Der Bunker wurde 2002 abgerissen. Dort steht jetzt das Caritas-Center.

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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