Vor 50 Jahren

Ist der Mörder der 17 Jahre alten Carmen Kampa aus Vegesack in Essen zu suchen? Zwei Angehörige der Bremer Mordkommission haben gestern zusammen mit der nordrhein-westfälischen Kriminalpolizei vor den Vertretern der Essener Tagespresse über den unaufgeklärten Bremer Mordfall berichtet mit dem Ziel, von den Bewohnern der Ruhrmetropole einige gezielte Fragen beantwortet zu bekommen. (WESER-KURIER, 11./12. September 1971)

 

Hintergrund

Der Mord an Carmen Kampa lag schon mehr als vier Monate zurück, als die Bremer Polizei meinte, endlich eine heiße Spur gefunden zu haben. Und die führte nach Essen. Als Indiz galt ein Schlüsselbund, das der mutmaßliche Mörder am Tattag, dem 1. Mai 1971, in der Oslebshauser Gaststätte „Zum Bahnhof“ zurückgelassen hatte. „Einer der Schlüssel ist von einer Essener Firma hergestellt worden“, berichtete der WESER-KURIER. Da ein paar Tage später auch noch ein VW-Transporter mit Essener Kennzeichen in Tatortnähe gesehen worden war, schien die Indizienkette schlüssig zu sein. Am 10. September 1971 wandten sich die Ermittler in Essen an die Öffentlichkeit.

Doch der Besitzer des Schlüsselbunds fand sich damals nicht. Gesucht wurde auch nach dem Fahrer eines Opel Kadett, weil ein passender Schlüssel am Schlüsselbund hing. Wochenlang überprüften Bremer Beamte in Essen mehrere Hundert Kadett-Fahrer.

Ohne das geringste Ergebnis.

Ermittelt wurde der Verdächtige erst im Juni 1973, mehr als zwei Jahre nach dem Mord. Anders als vermutet stammte der Mann aber nicht aus Essen. Vielmehr handelte es sich um Otto B., einen 35-jährigen Maurer aus Gröpelingen. Ein junger Kriminalbeamter erinnerte sich beim Studium der Kampa-Akten, noch als Schutzpolizist im Dezember 1970 ein Auto mit Essener Kennzeichen kontrolliert zu haben. Der Mann am Steuer war Otto B.

Noch Tage nach dem Mord an Carmen Kampa wurde in Tatortnähe nach Spuren gesucht. Doch die Polizei ging leer aus.  
Foto: Archiv/Peter Rath

Allerdings beteuerte er seine Unschuld. Das Schlüsselbund habe er am 18. Dezember 1970 einem Freund aus Essen gestohlen, um mit dessen Opel Kadett eine Spritztour zu machen. Beim Parkhotel setzte er den Wagen gegen einen Baum und suchte das Weite.

Die Polizei fand damals nur das leere Auto und ließ es später verschrotten. Bis zum 1. Mai 1971 trug Otto B. das Schlüsselbund ständig bei sich. Und gab es laut WESER-KURIER „ausgerechnet in dieser Nacht“ im Lokal mit der Bemerkung ab, er habe getrunken und wolle deshalb nicht mehr fahren. Der Polizei kam das verdächtig vor, obwohl sich Otto B. kooperativ zeigte und nichts dagegen hatte, sein Konterfei zu veröffentlichen.

Zunächst wurde Otto B. wieder freigelassen, im November 1973 aber doch verhaftet und im Januar 1975 zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwölf Jahren verurteilt. Ein spektakulärer Justizirrtum, wie man inzwischen weiß.

Der vermeintliche Kampa-Mörder wurde im November 1976 wegen einer allzu dünnen Beweislage wieder auf freien Fuß gesetzt, alle anderen Spuren verliefen im Sande. Resignation machte sich breit. Es deute alles darauf hin, dass „dieses wohl spektakulärste Kapitalverbrechen in der Bremer Kriminalgeschichte nicht aufgeklärt werden“ könne, hieß es im WESER-KURIER.

Diese Zeilen hat vielleicht auch der wahre Mörder gelesen, der Wachmann Hermann R. Schon bei den Ermittlungen war er befragt, aber nicht verdächtigt worden. Eine DNA-Analyse bestätigte vor zehn Jahren den Verdacht gegen ihn. Zur Rechenschaft konnte er nicht mehr gezogen werden: Hermann R. starb bereits 2003.

Der Tatort: Unweit des Bahnhofs Oslebshausen wurde die 17-jährige Carmen Kampa am 1. Mai 1971 ermordet.
Foto: Jochen Stoss

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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