Gruß vom Restaurant Hohenzollern:
Werbekarte um 1895 mit der
Burg Hohenzollern.
Quelle: Peter Strotmann

Ein Blick in die Geschichte (132): Das Restaurant „Hohenzollern“ an der Ostertorstraße 

Mit dem Bau des neuen Gerichtsgebäudes war 1891 begonnen worden, es konnte 1895 seiner Bestimmung übergeben werden. Das kurbelte auch die Bautätigkeit auf der gegenüberliegenden Seite der Ostertorstraße an. 1894 war es Zeit für einen Neubau auf den Grundstücken Ostertorstraße 28/29. 1895 war das Geschäftshaus fertig. In den oberen Etagen hatten bis zu einem Dutzend Rechtsanwälte ihre Kanzleien. Denen war die Nähe zu zum Gericht äußerst wichtig. Im Parterre eröffnete ein Restaurant mit dem Namen „Hohenzollern“.

Die Hohenzollern haben ihren Stammsitz im Schwäbischen

Der Name „Hohenzollern“ wurde von den Besitzern gewählt, um ihre Treue gegenüber Kaiser Wilhelm II. auszudrücken. Der Kaiser entstammte den Hohenzollern, einem alten und sehr bedeutenden Geschlecht, das bis 1091 historisch nachweisbar ist. Diese stellten mit Friedrich I. (1701 bis 1713) den ersten König von Preußen. Das Stammland dieses alten schwäbischen Hochadelgeschlechts liegt im nördlichen Teil des heutigen Zollernabkreises. Dort befindet sich auch die Burg Hohenzollern.

Man trifft sich im Hohenzollern

Das Restaurant Hohenzollern war eine gute Adresse für einen Besuch. Hier trafen sich alle am Gericht Beteiligten. Dieses Bier- , Wein- und Speisehaus mit Kegelbahnen und Vereinszimmer war für den Pächter eine Goldgrube.

Restaurant zum Hohenzollern auf einer
Werbekarte um 1898:
Vier Ansichten oben von links nach rechts: Schankraum, Saal, Straßenansicht
unten links: Kegelbahn.
Quelle: Peter Strotmann

Der Rechtsanwalt J. J. Schröder

In diesem Zusammenhang seien einige Begebenheiten um den Rechtsanwalt, Notar und Strafverteidiger J. J. Schröder berichtet:

Rechtsanwalt J. J. Schröder, der ab 1927 tätig war, war ein Unikum. Nicht nur, dass er brillante Reden zur Verteidigung eines Angeklagten hielt, er brachte auch das Menschliche ins Verfahren ein. Und erreichte damit oft mildere Strafen für die Angeklagten als von den Staatsanwälten vorgesehen.

Ansonsten hatte er im Gericht eine gewisse Narrenfreiheit. So durfte er zu Verhandlungen seine beiden Dackel mitbringen. Wurden diese unruhig und mussten ausgeführt werden, dann wurde die Sitzung unterbrochen und erst nach angemessener Zeit fortgesetzt.

Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, wurden Männer und Frauen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung staatlich verfolgt. Insbesondere auf homosexuelle Männer wurde der verschärfte Strafparagraph 175 angewendet. Aus welchen Gründen auch immer, holten sich ganze eine Anzahl Betroffener einen Rat bei Rechtsanwalt J. J. Schröder. Doch der schätzte die Situation als immer bedrohlicher für diese Menschen ein. Er soll den Männern die Flucht aus Deutschland empfohlen haben und empfahl als Exil die spanische Insel Mallorca. In einer abgelegenen Ortschaft gäbe es ein gewisse Sicherheit vor weiterer Verfolgung. Inwieweit das geglückt ist, ist nicht bekannt.

Ruine des Restaurants „Hohenzollern“ nach dem Luftangriff im Oktober 1944: Auf dem Bürgersteig stehen sechs aus den Trümmern gerettete Tresore.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Zurück im Gericht war es für J. J. Schröder ein Leichtes, die vorgeplanten Sitzungszeiten durcheinanderzubringen. Auf seine Anregung ließ ein Gerichtsdiener den wartenden Parteien so oder ähnlich mitteilen: „Die Verhandlung Meier gegen Schulze ist verlegt auf 11 Uhr 15.“

Dann zog er mit seinen beiden Hunden und der Richterschar in das dem Gerichtshaus gegenüberliegende Restaurant „Hohenzollern“. Hier wurde ein zweites Frühstück eingenommen und noch einige Gläschen geleert. Sicherlich sprach man auch noch über die Verhandlungstaktik.

Das Ende des „Hohenzollern“

Das Gebäude Ostertorstraße 28/29 „Hohenzollern“ brannte nach dem verheerenden Luftangriff vom 6. Oktober 1944 völlig aus. Die Ruine wurde abgetragen. Nur wenige Häuser der Ostertorstraße haben die Bombardements des Zweiten Weltkrieges überstanden. Nach 1945 legte das Stadtplanungsamt eine Straßenverbreiterung fest. Dadurch waren alle Häuser dem Abbruch geweiht.

Das 1961 fertiggestellte Amtsgericht-Gebäude an der Ostertorstraße 25-31 ist ein Neubau, der durch eine mehrstöckige Glasbrücke mit dem Landgericht im alten Gerichtsgebäude verbunden ist.

von Peter Strotmann

Da gab es das „Hohenzollern“-Gebäude schon nicht mehr: Blick in die Ostertorstraße im Jahre 1962. Links der Neubau des Amtsgerichts von 1961, davor noch einige Altbauten.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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