Vor 50 Jahren

Vor drei Jahren lief der erste Borgward, made in Mexico, in der nordmexikanischen Industriestadt Monterrey vom Fließband. Damit hatte die abenteuerliche Geschichte des Borgward-Konkurses und der Übernahme der Fabrikanlagen durch eine mexikanische Industriellengruppe vorerst ein Ende gefunden. In der Zwischenzeit wurden 5000 mexikanische Borgward-Personenwagen produziert. Jetzt scheint sich das zu bewahrheiten, was man immer wieder prophezeit hat: Eine bekannte Automobilmarke verschwindet zum zweiten Male. Vor kurzem hat eine der mexikanischen Regierung nahestehende Bank die drei Jahre alte Anlage in Monterrey übernommen. Eine Expertengruppe befaßt sich zur Zeit mit der Frage, ob die mexikanische Borgward-Produktion überhaupt rentabel gemacht werden kann. (Weser-Kurier, 27./28. Juni 1970)

Hintergrund

Manchmal ist mit dem Ende noch nicht alles vorbei: Als der Bremer Autobauer Borgward im Sommer 1961 in die Pleite rutschte, witterten mexikanische Geschäftsleute um den deutschstämmigen Enrique Strauss die einmalige Chance, mithilfe der Konkursmasse durchzustarten. Für 14 Millionen Mark kauften sie 1962 nicht nur die modernen Produktionsanlagen für die Isabella und den „Großen Borgward“ (den P 100) aus dem Stammwerk in Sebaldsbrück, sondern gleich auch noch die Markenrechte. Der kühne Plan: Borgward sollte als mexikanische Automarke wiederauferstehen, die Fabrik unweit der Hauptstadt Mexico City errichtet werden.

Doch die Investoren bekamen kalte Füße, 1964 übernahmen Industrielle aus dem Norden Mexikos das Zepter. An ihrer Spitze stand Gregorio Ramirez Gonzalez (1913-2002), ein erfolgreicher Truck-Hersteller. Allerdings zog sich der Start der Autoproduktion in die Länge. Zwei Jahre lagerten die Anlagen in der Steppe nahe Monterrey, erst 1966 kam der Betrieb in Gang.

Zunächst setzte man auf den Großen Borgward, der in Mexiko als „230 GL“ verkauft wurde. Die Isabella sollte werbewirksam als „Azteka“ 1968 bei Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in Mexiko präsentiert werden. Geplant war, die beiden Modelle auch in die Bundesrepublik zu exportieren. Mit Neuerungen an Lenkung und Bremsen versuchten die Hersteller, mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten.

Als der erste Große Borgward mexikanischer Provenienz im August 1967 vom Band rollte, war die Limousine dennoch nicht mehr auf dem neuesten Stand. Zumal häufig auch die innovative Luftfederung fehlte, die meisten Wagen wurden mit herkömmlichen Stahlfedern ausgerüstet. Die hochgesteckten Erwartungen erfüllten sich zu keinem Zeitpunkt, statt der erhofften 15 000 Fahrzeuge pro Jahr wurden bis 1970 gerade einmal 2267 (und nicht 5000) gefertigt.

Einigermaßen holprig verläuft mittlerweile auch die Borgward-Neugründung in China. Der Enkel des Firmengründers, Christian Borgward, hatte seit 2005 am Comeback der Traditionsmarke gefeilt, 2014 veräußerte er die Markenrechte an ein chinesisches Unternehmen. Die Autoproduktion im SUV-Segment begann 2016, nach anfänglichen Verkaufserfolgen auf dem fernöstlichen Markt hat die Nachfrage aber stark nachgelassen. Erst kürzlich verlor Borgward einen Rechtsstreit mit dem französischen Autobauer Renault um die Verwendung der Raute.

Ein unverhofftes Wiedersehen: Im Juni 1968 wurde ein ­Borgward 230 GL
aus mexikanischer Produktion im Neustädter Hafen angeliefert. 
Foto: Leonhard Kull

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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