Einsam auf weiter Flur: die Busestarße auf einem alten Stadtplan.
Quelle: Schwachhausen-Archiv

Ein Blick in die Geschichte (134): Die Busestraße in Neu-Schwachhausen 

Wer wachen Auges durch die Busestraße geht, bemerkt schnell: Diese Straße ist anders als die umliegenden Straßen. Zwar befindet sie sich mitten in Neu-Schwachhausen – einem Ortsteil, der erst in den Nachkriegsjahren aus dem Boden gestampft wurde. Und doch gibt es auffallend viel Altbausubstanz, teils sehr pittoreske Gebäude aus dem späten 19. Jahrhundert. Ein Blick auf alte Stadtpläne bestätigt: Die Busestraße gab es schon, als ringsum noch Weideland vorherrschte.

Der Name erinnert an ein alteingesessenes Bauerngeschlecht, einzelne Angehörige haben als Schwachhauser Landvogte ihre Spuren hinterlassen. Der dörfliche Charakter der Busestraße hat sich viele Jahrzehnte erhalten, die Anwohner – häufig Handwerker, einfache Angestellte, kleine Händler oder Bauern – pflegten einen engen Zusammenhalt. Kein Wunder, dass sie sich selbst nicht ohne Stolz als „Busedorfer“ bezeichneten. In dem abgelegenen Areal führten die Menschen ein quasi autarkes Leben: Milch gab es vom Bauern Lindemann, Brot vom Bäcker Otten und ein reichhaltiges Angebot im Kolonialwarenladen Gries.

Wo einst das Mädchen mit dem Roller stand, befindet sich heute eine asphaltierte Straße.
Foto: Frank Hethey

Um 1925 war Schwachhausen bis zum Ring bebaut. Seitdem änderte sich nicht mehr viel, ein ausgedehntes Parzellengebiet und vereinzelte Bebauung wirkte wie ein Sperrriegel zwischen Parkviertel und Busestraße. Erhalten blieb auch die Kluft zwischen den „kleinen Leuten“ dort und dem gutbürgerlichen Publikum hier. Exemplarisch dafür ist die Geschichte der Familie Carstens.

Der frühere Bundespräsident Karl Carstens kam 1914 als Spross eines Gymnasiallehrers in der Fitgerstraße zur Welt, damals die letzte bebaute Straße vor der Busestraße. Seine Mutter, eine „Kriegerwitwe“, erfüllte sich 1926 den Traum vom eigenen Heim und zog mit dem Zwölfjährigen in die Busestraße 67, heute wie damals ein eher unscheinbares Reihenhaus. „Manche unserer Bekannten sahen in dem Umzug in die Busestraße einen sozialen Abstieg“, schreibt Carstens in seinen Erinnerungen.

Das Häuschen wurde 1945 der erste gemeinsame Wohnsitz mit seiner Frau Veronica. Erst nach dem Tod seiner Mutter verkaufte er das Haus in den 1960er Jahren.

Wie auf dem Foto mit Blickrichtung Crüsemannallee zu sehen ist, war die Busestraße damals noch nicht asphaltiert.

von Frank Hethey

aus: Frank Hethey: Einst und Jetzt – Bremen-Schwachhausen, 96 S., zahlr. Farb- und SW-Abb., Berlin: CULTURCON medien 2014, ISBN: 978-3-944068-30-5, Preis: 14,95 Euro

Ein kritisch dreinschauendes Mädchen mit ihrem Roller um 1960 in der Busestraße. Hinter dem Laternenpfahl ist die Crüsemannstraße zu erahnen, noch weiter hinten als dunkles Band der Baumbestand des Bürgerparks. Bildvorlage: Uwe Trautvetter

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