Ein Blick in die Geschichte (211): Aufnahme zeigt Hafengegend im Januar 1956

Tiefe Nacht in einsamer Hafengegend, regnerisches Wetter, diffuse Beleuchtung. Ein irgendwie verdächtiges Auto, ein ebenso verdächtiger Mann mit Hut. Man könnte meinen, die Szene sei einer Edgar-Wallace-Verfilmung aus den 1960er-Jahren entnommen. Fehlt nur noch Joachim Fuchsberger als Inspektor Larry Holt von Scotland Yard. Oder Klaus Kinski in der Rolle des irren Bösewichts.

Doch nichts dergleichen. Die Aufnahme ist im Januar 1956 in der Bremer Hafengegend entstanden, Hans Saebens drückte auf den Auslöser. Der in Worpswede lebende Fotograf hatte 1947 begonnen, die langsam wieder in Gang kommende Hafenwirtschaft abzulichten. Damals hätten die Motive die Modernität des wieder aufblühenden Hafenbetriebs zeigen sollen, sagt Karin Walter, Kuratorin der aktuellen Saebens-Ausstellung im Focke-Museum. Kein Wunder, dass der freischaffende Fotograf sich über eine „gute Auftragslage“ freuen konnte.

Ein Blickfang auch das Auto. Ein Mercedes-Benz, wie am Stern unschwer zu erkennen ist. Einigermaßen befremdlich erscheint das Autokennzeichen mit weißer Schrift auf schwarzem Grund. Die übereinander gestellten Buchstaben BN geben einen Hinweis auf die Herkunft des Fahrzeugs aus der Britischen Zone Niedersachsen. In Bremen wurde das Kennzeichen AE für Amerikanische Enklave vergeben.

Allerdings war es damals schon so gut wie vorbei mit den schwarzen Nummernschildern. Im Juli 1956 wurden die bis dahin gebräuchlichen Kennzeichen durch das bis heute gültige System abgelöst.

Unter dem Titel „Hans Saebens. Bilder für Bremen (1930-1969)“ läuft noch bis zum 9. Februar 2020 die neue Sonderausstellung im Focke-Museum, Schwachhauser Heerstraße 240. Im Begleitprogramm äußern sich jeweils dienstags ab 19 Uhr Experten in dialogischen Führungen zu Leben und Werk des Fotografen. Zur Ausstellung ist im Verlag Carl Ed. Schünemann ein 144 Seiten starker Katalog erschienen. Das reich bebilderte mit einem Einführungsbeitrag von Karin Walter („Hans Saebens‘ Blick auf Bremen“) versehene Buch ist zum Preis von 19,90 Euro erhältlich.

Sieht nach Edgar Wallace aus, ist es aber nicht: Bremer Hafengegend im Januar 1956.
Foto: Hans Saebens/Focke-Museum

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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