1968 gab es Pläne für eine neue Frontseite des Museumsbaus
Das Jahr 1968 war kein gutes Jahr für alte Gebäude. Der Abriss des prächtigen Lloyd-Gebäudes an der Papenstraße war beschlossene Sache, um dort den Neubau des Kaufhauses Hortes zu ermöglichen. Die alte Architektur war plötzlich nichts mehr wert. Es musste Neues her. Man hatte ja bewiesen, dass man große Projekte wie die Vahr und den Bremer Westen packen konnte. Was der Zweite Weltkrieg nicht zerstört hatte, war jetzt dem Neubauwahn preisgegeben.
Nach 1945 hatten die Architekten noch im Vorkriegsstil weitergebaut. Aber schon war eine neue Generation* in den Startlöchern, die auch beweisen wollte, dass sie bauen kann. Eine alte Fassade, womöglich noch mit Stuck dran, das war nicht mehr gefragt. Der Stuck wurde abgeschlagen. In den Wohnstraßen riss man intakte Bremer Reihenhäuser nieder und erstellte womöglich Betonklötze mit auskragenden Balkonen.
Das Auto hatte Vorrang vor allem. So waren in der Altstadt und umzu ein Dutzend Hochgaragen bereits fertig, im Bau oder geplant. Und die Mozarttrasse war in voller Planung.
Umdenken in Sachen Denkmalschutz
Da wollte das Übersee-Museum mit seiner „altmodischen Fassade“ nicht nachstehen. Wenn man schon im Inneren nicht zu viel machen konnte, außer einer Aufstockung, dann musste doch die Frontseite aus der Gründerzeit ein neues Fassadenkleid bekommen. Der Weser-Kurier berichtet davon in seiner Ausgabe vom 3. April 1968 mit dem Titel: „Umbau nicht vor dem Jubiläumsjahr“. Das wäre von der Grundsteinlegung 1892 aus gesehen das Jahr 1972 oder von der Eröffnung 1896 aus betrachtet das Jahr 1976 gewesen.
Heute mag man das für einen verspäteten Aprilscherz halten.
Jedenfalls hat das Übersee-Museum seine alte Fassade behalten. Ob nun ein Umdenken stattgefunden hat oder einfach die Geldmittel versagt haben, das liegt unter dem Schleier der Geschichte. Tatsache ist jedoch, dass es Anfang der 1970er zu einem Umdenken in Sachen Denkmalschutz gekommen ist.
Bekanntermaßen erstellte man 1974 eine Denkmalliste, mit der u.a. Häuser und auch ganze Straßen unter Denkmalschutz gestellt wurden.
Und auch die Mozarttrasse legte man 1973 ad acta.
*frei nach Professsor Eberhard Syring aus seinem Buch „Bremen und seine Bauten 1950-1979“: „Etwa alle 15 Jahre erfolgt in der Architektur ein Paradigmenwechsel.“ Nachdem die Periode 1950 bis 1964 vorbei war, kam jetzt die neue von 1965 bis 1979.
von Peter Strotmann