Das ehemalige Gemeindehaus Unser Lieben Frauen am Schwachhauser Ring 61. Der Abbruch: Situation am 7. Juli 2017. Die Front zum Schwachhauser Ring ist bereits abgerissen. Es steht noch der Eingangbereich zur Bürgermeister-Schoene-Straße.
Foto: Peter Strotmann

Zum Abbruch des ehemaligen Gemeindehauses Unser Lieben Frauen 

In einer Stadt wird hier und dort mal ein Gebäude abgerissen. Es soll Platz geschaffen werden für etwas Neues, Größeres, Anderes, ja vielleicht auch Schöneres. Für einige Leute ist es egal, wenn ein Gebäude dem Erdboden gleichgemacht wird. Es gibt auch andere, die keine Veränderung mögen und alles bewahrt haben möchten. Eine Gruppe hat jedoch noch lange viele Erinnerungen, wie es früher einmal war. Wenn ein Gemeindehaus abgerissen wird, dann sind es viele Kinder-, Jugend- und Erwachsenengruppen, die mit dem Abbruch einen Ort der Erinnerung verlieren. Denn da wurde gelehrt und gelernt, gebetet und gesungen, gelacht und geweint, gefeiert und getrauert, gegessen und getrunken und noch so vieles mehr. Das alles passierte hinter den Mauern des Gemeindehauses Unser Lieben Frauen am Schwachhauser Ring 61.

Warum das Gemeindehaus Unser Lieben Frauen nach Schwachhausen kam

Die alte, ehrwürdige Liebfrauenkirche, die 1220 in Unser Lieben Frauen-Kirche umbenannt wurde, war seit 1229 eine der vier städtischen Pfarren. Als dann die Stadt über ihre Altstadtgrenze hinauswuchs, kam ein Teil vom heutigen Stadtteil Schwachhausen hinzu. Mit der stetigen Bebauung des Gebietes, verstärkt nach 1900, sowie mit der Planung für Neu-Schwachhausen wurde nach 1945 unbedingt ein Gemeindehaus mit Kapelle nötig. Das wurde von 1953/55 auf dem Grundstück Schwachhauser Heerstraße 61 errichtet.

Das ehemalige Gemeindehaus Unser Lieben Frauen am Schwachhauser Ring 61:
Seite mit der Kapelle zum Schwachhauser Ring,
abgebrochen Juni bis August 2017.
Quelle: Bremische Evangelische Kirche

Es hatte im Erdgeschoss eine Kapelle mit circa 200 Sitzplätzen sowie dazugehörige Nebenräume. In der ersten Etage befand sich eine Anzahl Gruppenräume. In der zweiten Etage gab es einen Veranstaltungsraum, den Kaminsaal, Arbeitsräume für die Pastoren und Pastorinnen, Bibliothek, Küche. Im Dachgeschoss lag eine Wohnung für den Hausmeister. Außerdem gab es ein Treppenhaus, Fahrstuhl, Toiletten auf allen Etagen sowie eine Kohlenheizung (später Gasheizung) im Keller.

Warum das Gemeindehaus aufgegeben und abgebrochen wurde

Um es kurz zu machen: Das Gemeindehaus wurde nur noch wenig genutzt und war nicht behindertengerecht. Um es weiter zu betreiben, hätte man es umbauen müssen.

Der Kamin im Kaminsaal:
18 Bilder aus der Apostelgeschichte nach Lukas.
Foto: Peter Strotmann

An der H. H. Meier-Allee 40a, also gleich um die Ecke, besaß die Gemeinde auch noch einen Kindergarten. Da beschloss die Gemeinde, ein neues Gemeindezentrum an der H. H. Meier-Allee zu bauen. Dieses wird eine Kindertagesstätte und ein Gemeindehaus unter einem Dach vereinen. Dazu wurde der Kindergarten ausgelagert und das Gebäude abgebrochen. Das Gemeindehaus am Schwachhauser Ring 61 wurde an einen Investor auf Abbruch verkauft. Der Verkaufserlös dient zur Finanzierung des neuen Gemeindezentrums. Dieses ist nahezu fertig und wird am Samstag, 26. August 2017, um 12 Uhr offiziell eröffnet.

Relikt aus der Vergangenheit: 30-Liter-Warmwasser-Boiler in der Küche der zweiten Etage
Foto: Peter Strotmann

Warum ein Abbruch interessante Einblicke freigibt

Wie in der fotografischen Ansicht vom 7. Juli 2017 zu sehen ist, hat der alte Ziegelsteinbau wirklich starke Außenmauern. Die Abbruchexperten sind trotz ihrer niederreißenden Tätigkeit so vorgegangen, als sollte der verbleibende Gebäuderest noch wieder verwendet werden. Wer dachte, er würde das Gemeindehaus in- und auswendig gekannt haben, fragt sich: Welche Räume mögen das wohl gewesen sein? Von der Mitte aus links sehen wir über drei Etagen so eine Art kleine Fenster. Das waren Türen der Aufzugsanlage vom Erdgeschoss in die zentralen Küche der zweiten Etage. In der Küche wurde das Geschirr, Kaffee und Kuchen und so weiter für die beiden unteren Etagen bereitgestellt. In der zweiten Etage hängt ganz links noch ein Warmwasser-Speicher an der Wand.

So ein Gebäude in der Wirklichkeit statt auf einer Zeichnung zu sehen ist ein seltenes Erlebnis. Wie mag es hinter der offensichtlich erst nachträglich aufgemauerten Wand aussehen? Im Dachgeschoss war die Hausmeisterwohnung. Die Tür führte vom Flur ins Badezimmer. Hier befand sich eine kleine Holztreppe zum Aufgang in den Spitzboden.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Geschichte bei Bremen History wird auch das letzte Stück vom ehemaligen Gemeindehaus abgebrochen und abgefahren sein.

Wir sind alle sehr gespannt, wie der Neubau aussehen wird. Auflösung folgt!

Visualisierung des Neubaus am Schwachhauser Ring 61.
Bauherr: Kathmann Projekte GmbH.
Quelle: www.kathmann-bau.de

Warum es sich für den Investor rechnet

Die Firma Kathmann besorgt sowohl den Abbruch des Bestandsgebäudes als auch den Neubau eines voll unterkellerten Mehrfamilienhauses mit 15 Wohneinheiten. Die voraussichtliche Fertigstellung soll Ende 2018 erfolgen.

Der Autor meint: Der geplante Neubau ist ein sehr gelungenes Beispiel, wie man im Bestand bauen sollte.

*Nachtrag: Was noch gerettet wurde

Es wäre zu schade gewesen, wenn wirklich alles in den Müll gewandert wäre. Es war zu hören, dass

  • ein Teil der Kaminkacheln sauber abgestemmt werden konnte und an interessierte Gemeindemitglieder gegeben wurde,
  • die Orgel der Kapelle in der Kapelle des Gemeindezentrums wieder aufgebaut wurde,
  • die Bestuhlung auch im neuen Gemeindezentrum Verwendung findet,
  • das Relief, das über dem Eingang zur Kapelle ins Mauerwerk eingelassen war, jetzt den Eingang zum Gemeindezentrum ziert.

von Peter Strotmann

Das ehemalige Gemeindehaus: Blick in die Kapelle zum Altarraum,
etwa 200 Sitzplätze mit Stühlen sowie auf der linken Seite und hinten Sitzbänke auf der Empore.
Foto: Peter Strotmann

 

Jung, aber mit viel Geschichte

50 Jahre
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50 Jahre sind seit der Gründung der Universität Bremen vergangen. Auf dem Weg von der vermeintlichen roten Kaderschmiede zur Exzellenzuniversität ist viel passiert: Wir haben den ersten sowie den aktuellen Rektor interviewt und mit Absolventen gesprochen – zu denen auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte gehört. Zudem hat uns ein Architekt über den Campus begleitet. Das Magazin der Reihe WK | Geschichte gibt es ab 18. September in den ­Kundenzentren des WESER-­KURIER, im Buch- und Zeitschriftenhandel, online unter www.weser-kurier.de/shop und unter 0421 / 36 71 66 16.

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