Ein Blick in die Geschichte (92): Weser-Hochwasser überschwemmte 1881 die Altstadt / Heftige Kritik an Oberbaudirektor Ludwig Franzius
Nichts ging mehr oder jedenfalls nur noch auf eigens eingerichteten Laufstegen, als die Weser im Februar und März 1881 über die Ufer trat.
Begonnen hatten die Überschwemmungen am 29. Dezember 1880 mit dem Bruch des Wümme-Deichs. Starker Frost hatte die Wassermassen zwar zu Jahresbeginn gebändigt und im Blockland sowie den Landgemeinden für riesige Eisflächen gesorgt. Als jedoch Tauwetter einsetzte und noch obendrein Regenfälle hinzukamen, hielten die Deiche den Wassermassen nicht mehr stand. Erst meldeten die Bewohner des linken Weserufers „Land unter“, dann traf es auch den Altstadtbereich.
Bis zum Hals stand das Wasser auch Oberbaudirektor Ludwig Franzius, dem legendären Macher der Weserkorrektion. Gegen ihn richtete sich der geballte Unmut der Bevölkerung, man warf ihm Versäumnisse und Verfehlungen vor. Bei „einiger Aufmerksamkeit der Behörden“, so die Kritik, hätte sich „dies große Unglück“ vermeiden lassen.
Nach einer turbulenten Bürgerschaftssitzung am 23. Februar 1881 beantragte Franzius ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst, eine Untersuchungskommission wurde eingesetzt. Die legte vor ziemlich genau 135 Jahren, am 17. Mai 1881, einen 75-seitigen Abschlussbericht vor. Für persönliches Verschulden gab es keinerlei Anhaltspunkte, Franzius war damit rehabilitiert – und konnte sich in aller Ruhe der Weserkorrektion widmen.
Noch im gleichen Jahr legte er den Plan für das Jahrhundertprojekt zur Vertiefung der versandeten Weser vor, damit Bremen wieder erreichbar wurde für hochseetaugliche Schiffe. Dabei flossen dann sogar wertvolle Erfahrungen aus der Hochwasser-Katastrophe ein.
von Frank Hethey