Ein Blick in die Geschichte (146): Detektivarbeit um undatierte Fotos

Wer sucht, der findet. Der findet gelegentlich auch ein altes Foto. Doch wann wurde es aufgenommen? Da bleibt uns Autoren oft nur ein Achselzucken. In der Not schreibt man: zur Kaiserzeit, vor 1960, um 1900, 1950er oder ähnliches. Das reicht oftmals aus.

Aber gelegentlich möchte man es schon genauer wissen, möglichst den Zeitraum eingrenzen. Dann wünscht man sich, dass auf der Rückseite des Fotos die Aufnahmedaten ständen: Zeit, Ort, Motiv. Das bleibt leider oftmals ein Wunsch, denn die überwiegende Anzahl der Fotos ist unbeschriftet. Um dann noch etwas herausbekommen, muss man Detektivarbeit leisten.

Aus der Geschichte der Straßenbahn-Linie 16

Im Kalender „Historisches aus der Bremer Neustadt“ von 2012* sind zwei Fotos enthalten, die eine Straßenbahn der Linie 16 zeigen. Leider sind die Zeitangaben etwas vage. Die Bildunterschrift im Kalender lautet: „ca. 1960, die Endstation der Linie 16, Hartwigstraße/Schwachhauser Ring.“

Das gilt es aufzuklären.

Zum ersten Foto:

Hier beginnt die Detektivarbeit: Ab 17. Dezember 1955 fährt die Linie 16 von der neuen Endstelle Grolland zur Hartwigstraße und zurück. Ab 16. November 1959 wird vom Endpunkt nicht mehr Grolland angefahren, sondern der Flughafen. Es wird daraus die neue Linie 15 Flughafen-Hartwigstraße.

Ab 1955 beginnt die Planung für die „verlängerte Hartwigstraße“, die in das entstehende Wohngebiet Neu-Schwachhausen führen wird. 1957 erhält sie den Namen Crüsemannallee. Am 7. November 1970 fährt die Straßenbahn über die Hartwigstraße hinaus bis zur Kulenkampffallee.

Fazit: Nur zwischen dem 17. Dezember 1955 und dem 15. November 1959 könnte eine Straßenbahn der Linie 16, die an der Endstation Hartwigstraße steht, die Aufschrift Grolland getragen haben.

Hinzu kommt, dass das Foto noch einen Weg und keine Straße in die Parzellen der verlängerten Hartwigstraße zeigt. Da die Bäume üppig belaubt sind und die wartenden Personen sommerlich gekleidet sind, könnte die Aufnahme im Sommer 1956 gemacht worden sein.

Ein pittoreskes Foto, aber leider ohne Zeitangabe: die Endstation der Linie 16 vor Grolland.
Quelle: Leihgabe Klaus Böckler

Zum zweiten Foto:

Beim zweiten Foto lautet die Bildunterschrift: „Die Endstation der Linie 16 vor Grolland mit Umsteigemöglichkeit in die Buslinien H (Moordeich) und J (Varrelgraben).“

Ab dem 16. November 1959 wird nicht mehr der Endpunkt Hartwigstraße angefahren, sondern über die Wachmannstraße hinaus der neue Endpunkt Riensberg. Es wird die neue Linie 16 von Grolland-Riensberg und zurück.

Die Straßenbahn trägt die Richtungsanzeige „Hartwigstraße“. Das Foto könnte vom 17. Dezember 1955 bis zum 18. Juni 1959 aufgenommen worden sein. Vermutlich hat der Fotograf das Foto kurz nach Eröffnung der Endstelle Grolland gemacht. Wir sehen, dass um die Wendeschleife herum noch nichts bepflanzt ist, aber die im Hintergrund liegende Parzellen zeigen eine üppigen Vegetation. Deshalb könnte die Aufnahme im Sommer 1956 gemacht worden sein.

Es sieht so aus, dass zwei Fotografen, unabhängig voneinander, im Sommer 1956 Fotos von Straßenbahnen der Linie 16 gemacht haben. Der eine an der Hartwigstraße, der andere an der Endstation Grolland.

 

*Historisches aus der Bremer Neustadt

Bildkalender für das Jahr 2012

Kalender Manufaktur Verden

Die Bilder stammen vom Huchting-Archiv aus der Sammlung Rainer Heuer

von Peter Strotmann

Hübsch anzusehen: eine Straßenbahn er Linie 16 an der Endstation Hartwigstraße/Schwachhauser Ring.
Bildvorlage: Christ

Jung, aber mit viel Geschichte

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