Das 2016 fertiggestellte Gebäude der Bremer Landesbank am Domshof.
Entwurf des Büros Caruso St. John Architects, London.
Foto: Peter Strotmann

Gilt in der Baukunst nur das Neue oder darf es auch ein bisschen alt sein?

Man kennt sie, die fortschrittlichen Architekten, die ganz neue Formen entwerfen und dafür auch Bauherren finden. Aber darf ein Architekt sich nicht auch vom Alten inspirieren lassen – ob es Kaiserzeit, Bauhaus, Art déco oder Nachkriegsarchitektur ist? Ja, er darf. Wenn er das Klassische gut findet, dann soll er doch dem Gebäude noch ein paar Säulen hinzufügen. Wer den Bauhausstil mag, wird auch heute noch für ein eigenes Gebäude à la Bauhaus anerkannt werden. Während der Pomp der Kaiserzeit ein wenig fragwürdig ist, kommen andere Baustile oft gut an.

Zwischen diesen beiden Architektengruppen geht es weniger um die Qualität der Bauten, sondern es geht um Grundsätzliches. Es wird in den Kreisen heftig gestritten, warum das eine erlaubt ist, das andere nicht. Da können zwei Weltanschauungen aufeinander prallen. Ist das Bauwerk einzigartig, sind darin genügend eigene geistige Impulse gesetzt, hat der „Schöpfer“ die Architekturgeschichte überhaupt richtig verstanden oder liegt er völlig daneben? Bei dieser Diskussion interessieren oftmals nicht mehr die ästhetischen oder praktischen Werte des Bauwerks.

In dieser dem Normalbürger oft nicht bekannten Auseinandersetzung zwischen den „Avangardisten“, die als Künstler das Neue, das Einzigartige schaffen wollen, haben die „Konservativen“, die klassische Elemente mit einbringen und auch das vorhandene Umfeld mit berücksichtigen, einige bemerkenswerte Bauwerke entstehen lassen. Jüngstes prominentes Beispiel dafür ist der Neubau der Bremer Landesbank am Domshof, der 2016 fertiggestellt wurde. Man möchte die Fassade als zeitlos betrachten, obwohl sie unstrittig neu ist. Das große Eingangsportal erinnert an ein Stadttor. Das Gebäude ist besser in die Nachbargebäude eingepasst als der Vorgängerbau, es wirkt solide und ist einer Bank angemessen. Das Gebäude ist einmalig.

Erweiterungsbau Atlantic Grand Hotel: Architekt: Gildehaus Lankenau, Diplom-Ingenieure und Architekten BDA, Bremen.

Erweiterungsbau des Atlantic Grand Hotels 

In diesem Zusammenhang mag der Erweiterungsbau des Atlantic Grand Hotels an der Martinistraße 21-25 ganz interessant sein. Der Bauherr hatte für das 2010 eröffnete Hauptgebäude eine moderne Fassade gewählt. Diese lag bisher etwas versteckt hinter den Altbauten der Martinistraße. Nunmehr entsteht mit dem Erweiterungsbau ein Ensemble, da die Fassadengestaltung fortgesetzt wird. Um Größe zu demonstrieren, ist das für das Hotel eine logische Konsequenz. Da scheint eine irgendwie anders geartete Fassade keine Chance auf Verwirklichung zu haben. Eine Fassade wie jene, die dem Architekten Axel Spellenberg vorschwebt. Sein Gegenentwurf sieht eine dreigiebelige Fassade vor, die mit den Häusern am Eingang der Böttcherstraße eine Fortsetzung bildet.

Nachwort: Kann man Altes neu bauen?

Ich fragte einen befreundeten Architekten: „Kann man Altes neu bauen? „Nein“, sagte er, „es fehlt der Charme des Alten. In Ausnahmefällen wird man es machen. Aber schon, wenn an einem bestehenden Objekt ein fehlendes Teil ergänzt werden muss, soll es als neu erkennbar sein. Etwas anders ist das Restaurieren. Da hat man die volle Substanz des Objekts. Doch der ursprüngliche Zustand ist durch Farbe oder Witterung nicht mehr erkennbar. Es wird dann versucht, wieder einen alten Zustand herzustellen. Aber fehlende Stellen bleiben fehlende Stellen.“

von Peter Strotmann

Erweiterungbau Atlantic Grand Hotel mit einer dreigiebeligen Fassade: Bisher nicht veröffentlichter Gegenentwurf des Architekten Axel Spellenberg, Worpswede.

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