Biergenuss in historischer Umgebung: In der unteren Rathaushalle diente bis Oktober 1948 als Bierhalle.
Bildvorlage: Peter Strotmann

GI Paradise, Teil 5: Die Bierlokale „GI Joe’s“ in der amerikanischen Enklave Bremen

Bierlokal „GI Joe’s“ Number 1 in der unteren Rathaushalle

Das Bremer Rathaus hatte die amerikanische Besatzung gleich im Mai 1945 voll in Beschlag genommen, sie übten die Hoheit über die amerikanische Enklave Bremen aus. Diese Zeichen der Macht sahen so aus, dass sie

erstens das Neue Rathaus beanspruchten und dabei eine deutsche Zivilregierung aufbauten

zweitens im Ratskeller im Juli 1945 ein Offizierskasino einrichteten und

drittens die untere Rathaushalle im Juli 1945 in ein Bierlokal für die Mannschaftsdienstgrade GIs umfunktionierten, dem „GI Joe’s“ Number 1.

Der Wirt des Ratskellers musste auf Anordnung die untere Rathaushalle in ein Bierlokal für die einfachen Mannschaftsdienstgrade, also GIs, umwandeln. Auch durfte er keine weibliche Bedienungen einstellen. Doch es fanden sich nicht genügend Männer, sodass ihm erlaubt wurde, zur Hälfte Frauen einzustellen. Ebenso wurde er angewiesen eine Musikkapelle einzustellen.

„GI Joe’s“ Number 1 war im ehrwürdigen „Rathaus“ zuhause. Der „At Ease“ Club und andere Einrichtungen befanden sich in der Glocke gleich um die Ecke.
Quelle: „GI Paradise“, Februar 1946

Die amerikanischen Militärs diktierten bis ins Einzelne, wie der Raum eingerichtet werden sollte. Aber auch der Wirt konnte nicht verhindern, dass sich die Amerikaner stark betranken und es zu wüsten Schlägereien kam, wobei verschiedene Räumlichkeiten stark beschädigt wurden, die Wände mit Blut beschmiert und erheblicher Sachschaden angerichtet wurde. Der Wirt und die Bevölkerung sahen das Treiben der Amis mit Grausen. Für die meist jungen amerikanischen Soldaten war es Spaß und Abwechslung vom Alltag.

Ein GI schrieb nach Hause: „Es gibt einen Ratskeller, der ist ist alt und malerisch. Das einzig ärgerliche ist nur, dass er so düster ist. Wir sagen dazu Leichenschauhaus. Um da mal ein bisschen Leben reinzubringen, haben wir in der letzten Nacht Bierdeckel hoch gestapelt. Ich sage euch: alle Offiziere der 29. Infanteriedivision haben mitgemacht und anschließend war der ganze Boden von Bierdeckeln übersät.“

Der „Spaß“ dauerte etwas über zwei Jahre. Am 18. Juni 1947 wurde die untere Rathaushalle den Bremern wieder zurückgegeben. Das war den Mannschaftsdienstgraden zwar nicht recht, aber die amerikanische Militärregierung wollte ein Zeichen des guten Willens setzen, da sich die deutsch-amerikanischen Beziehungen deutlich verbessert hatten. Und zwar wurde die untere Rathaushalle als Ratskeller zum Weinausschank hergerichtet. Erst 1948 wurde der eigentliche Ratskeller wieder im Keller des Rathauses den Bremern wieder zurückgegeben.

Es wurden in der amerikanischen Enklave Bremen noch zwei weitere „GI Joe’s“ Bierlokale eingerichtet:

Das Bierlokal „GI Joe’s“ Number 2 in der beschlagnahmten „Strandlust“ zu Vegesack.
Quelle: „GI Paradise“, Februar 1946

„GI Joe’s“ Number 2 in Bremen-Vegesack (in der beschlagnahmten „Strandlust“)

„GI Joe’s“ Number 3 in Bremerhaven-Lehe

Situation in der Enklave Bremen

Alle diese und andere Maßnahmen waren nötig, um der großen Anzahl Amerikanern in der Enklave Bremen -fern der Heimat – ein wenig Spaß und Abwechslung zu bieten.

Zentraler Treffpunkt für GIs: das Bremen Port Command-Recreation Center in der „Glocke“ an der Domsheide mit folgenden Einrichtungen: American Red Cross – Army Exchange Service – Special Service Section.
Quelle: www.usarmygermany.com

Und es war wirklich eine große Anzahl Amerikaner, wie man aus den einschlägigen Berichten entnehmen kann: Das Bremen Port Command (für den reibungslosen Ablauf in den Häfen und der Materialversorgung zuständig) wurde im Laufe der Zeit auf 13.000 Mann aufgestockt. Ende 1945 waren noch etwa 27.000 GI’s in der Enklave stationiert. Dazu kamen zivile Angestellte. Bei einer Kontrollaktion am 21. Juli 1945 zählte man über 41.000 Amerikaner in der Enklave. Außerdem mussten für Transitreisende versorgt werden: Beispielsweise im Januar 1947 für 85.000 Amerikaner.

Der Army Exchange Service

Im Februar 1946 gab es in der amerikanischen Enklave im wesentlichen drei Bierlokale. Nur um einen Eindruck zu erhalten, welche Mengen beschafft werden mussten und wie viel Mengen Bier getrunken (im Originaltext heißt es: beer guzzled, to guzzle = saufen, fressen, in sich hineinkippen) wurde, seien diese Zahlen der durchschnittlichen Verkäufe pro Monat genannt: Es wurden 125.000 Mark eingenommen und das bei einem Preis von einer halben Mark pro Glas. Das sind 250.000 Glas Bier in einem Monat! Bier ist in der Enklave genügend vorhanden. In den „GI Joe’s“, die sechs Abende in der Woche geöffnet haben, kann man Bier oder Cola trinken und amerikanischer und deutscher Musik zuhören. (Übersetzung aus GI Paradise, Februar 1946)

In der Enklave war der Army Exchange Service direkt oder indirekt für den Betrieb und Beschaffung verantwortlich für: 3 „GI Joe’s“ Bierlokale, 18 PX-Läden, eine Coca- Cola-Fabrik, eine Brauerei, eine Film-Herstellungsfabrik, 7 Eisdielen (darunter die des legendären Eisverkäufers Chiamulera), die Filmentwicklung, einen Uhren-Reparatur-Service, ein Fotostudio und eine Silber-Fabrik. Dazu eine Anzahl von Friseuren und Schönheitssalons.

Das legendäre „Seebeck am Markt“ , auch „Hein Wuppdi“ genannt, wurde beschlagnahmt und als „GI Joe’s“ Number 3 eröffnet.
Quelle: „GI Paradise“, Februar 1946

Was bedeutet „GI Joe’s“?

GI, auch G. I.,

ist eine Bezeichnung für einen einfachen Soldaten der Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika.

Diese Bezeichnung entstand in der Zeit von 1915 bis 1920. Der Ursprung der Abkürzung liegt wohl bei den damals von der US-Armee verwendeten Metallmülleimern, auf die GI (für englisch: Galvanized Iron „galvanisiertes Eisen“) gestempelt war. Später nahm man an, dass die Abkürzung für Government Issue („(her)ausgegeben von der Regierung“) steht, und übertrug sie auf die Soldaten.

Joe

Es gibt mehrere Deutungen, u.a.: einen US-amerikanischer Film von 1945, mit deutschen Titel: Schlachtgewitter am Monte Cassino (Originaltitel: Story of G.I. Joe).

von Peter Strotmann

So friedlich wie auf dem – gestellten Foto – ging es meist nicht zu. Es artete nur allzu oft in wüsten Trinkgelagen aus.
Quelle: „GI Paradise“, Februar 1946

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