Vor 50 Jahren

Der Tierpark meldet Zuwachs: Dieser Tage sind zwei Kolkraben geboren worden, mit denen nun der „Kindergarten“ des Bremer Tierparks weitere Verstärkung bekommen hat. Erst vor zehn Tagen kamen vier Pumas auf die Welt, und zwei Wochen sind es her, da zwei Leoparden draußen am Achterdiek geboren wurden. (WESER-KURIER, 26./27. August 1972)

Hintergrund

Bitte recht freundlich: Joyce Munro, die Frau des Zooleiters, mit dem zehn Monate alten Tigermädchen „Basanti“.
Quelle: Archiv

Als Zehnjähriger besuchte George Donald Munro 1933 in Kalkutta den Circus Carl Hagenbeck. Die Tierschau faszinierte den jungen Inder. Gern erzählte er später, seitdem habe er davon geträumt, Tierfänger und Tierparkdirektor zu werden. Am 7. April 1966 erfüllte sich dieser Traum: Munro eröffnete auf dem Areal des heutigen Achterdiekparks einen Zoo mit rund 1000 exotischen Tieren, darunter Affen, Leoparden, Kamele, Antilopen und sogar Elefanten.

Tausende statteten dem 50.000 Quadratmeter großen Tierpark an den ersten Wochenenden einen Besuch ab. Allerdings sorgten schon damals Parkplatzprobleme und die fehlende Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel für einigen Unmut. Erstaunlicherweise wurde nie Abhilfe geschaffen. Die Besucherströme versiegten, nach sieben Jahren musste der Zoo im Frühling 1973 schließen.

Mit zoologischen Anlagen hat sich Bremen seit jeher schwergetan. Im Bürgerpark gab es ab 1933 zwischen Stern und der Zufahrt zum heutigen Parkhotel einen kleinen Privatzoo mit Tiernachwuchs. Doch schon nach der ersten Saison geriet der Zoo in finanzielle Turbulenzen und musste schließen, ein zweiter Anlauf 1936 scheiterte ebenfalls. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg wurden die Anlagen abgebrochen. Das heutige Tiergehege im Bürgerpark beherbergt vor allem heimische Tiere, Kängurus und das legendäre Dromedar „Bobby“ blieben die Ausnahme.

In Bremen bestand also Bedarf, das hatte Munro ganz richtig erkannt. Im Oktober 1963 stellte er seine Pläne erstmals der Öffentlichkeit vor. Ein völlig unbeschriebenes Blatt war Munro nicht, in Kalkutta besaß er zwei gewaltige Gehege zur Zähmung wilder Tiere, er beschäftigte Dutzende von Mitarbeitern. Als See- und Flughafenstandort schien Bremen optimale Voraussetzungen als künftige Zoostadt zu haben.

Allein stand Munro nicht da, er hatte breite Unterstützung. Im August 1964 gründete sich ein Verein „Aufbau Bremer Tierpark“. Knapp ein Jahr später nahm Munros Projekt mit der Bremer Tierpark KG Gestalt an, als sein Generalbevollmächtigter agierte der kürzlich verstorbene Klaus Hübotter. Zunächst ließ sich auch alles gut an, im August 1965 landeten drei Frachtflugzeuge aus Kalkutta mit mehr als 100 Tieren an Bord. Eifrig wurde das Gelände vorbereitet, im Herbst 1965 pilgerten 250.000 Menschen auf die Baustelle.

Großes Fauchen: eine neu erworbene Löwin im Munro-Zoo im Juli 1968.
Quelle: Archiv

Schon ein knappes Jahr nach der Eröffnung musste der Senat dem neuen Zoo finanziell unter die Arme greifen. Auch aus der Öffentlichkeit kam Zuspruch. Im Oktober 1969 gründete sich der Förderverein „Freunde des Bremer Tierparks“ mit der Schauspielerin Judy Winter an der Spitze, die damals am Bremer Theater engagiert war. Doch es nutzte alles nichts, im Februar 1973 stand der Zoo vor der Pleite.

Munro überließ das Zoogelände dem Förderverein und blieb nur im Besitz der Tiere, in Zukunft sollte er sich mit der Rolle des Geschäftsführers begnügen. Kurzzeitig startete der Zoo am 13. April 1973 noch einmal in die neue Saison. Aber es war nichts weiter als eine kurze Verschnaufpause. Auf Antrag Hübotters wurde am 9. Mai 1973 das Konkursverfahren eröffnet, die meisten Tiere wechselten bei einer Versteigerung den Besitzer. Unterdessen zog sich die Schlinge um Munro immer enger zu, im August 1973 wurde gegen ihn und seine Ehefrau Joyce Haftbefehl wegen Verdachts auf betrügerischen Bankrott erlassen.

Das Ehepaar hatte sich inzwischen nach Dänemark begeben und warf den Behörden rassistische Diskriminierung vor. „Kein Deutscher wollte einen Zoo in Bremen einrichten, nur wir Idioten von Indien dachten, dass wir etwas Gutes für die Bremer Bevölkerung tun könnten“, erklärte Joyce Munro. Erst im März 1976 wurde das Konkursverfahren abgeschlossen – die privaten Gläubiger gingen leer aus, das Finanzamt musste 780.000 Mark in den Wind schreiben. Joyce Munro erhielt eine neunmonatige Bewährungsstrafe, die Ermittlungen gegen ihren Mann wurden offenbar eingestellt.

Unterdessen war das frühere Zoogelände immer mehr verwahrlost, es wurde zu einem öffentlichen Ärgernis. Das änderte sich erst, als sich im April 1976 eine „Vereinigung zum Schutz des ehemaligen Tierparkgeländes“ gründete, seit 1981 nennt sich der Verein Achterdiekpark. Das Areal sollte als Parkanlage erhalten bleiben. Von der Stadt und einem Privateigentümer wurden rund acht Hektar gepachtet und über viele Jahre mühevoll gestaltet. Seit 1993 profitiert der Verein von den Erlösen der Bürgerpark-Tombola.

Als noch alles in bester Ordnung war: George und Joyce Munro im November 1967 mit neuem Zuwachs – zwei jungen Hängebauchschweinen aus Vietnam.   
Foto: Klaus Sander

Titel Verbrechen Magazin

Verbechen in Bremen und der Region

Giftmischer, Bombenleger, Messerstecher

16 Kriminalfälle vom Pferderipper über den Bunkermord, Adelina und die immer noch vermisste Jutta Fuchs bis zu einem mysteriösen Vergiftungsfall sind in unserem neuen Magazin WK|Geschichte-Extra „Verbrechen in Bremen und der Region“ aufgearbeitet. Außerdem kommen eine Bremer Krimibuchautorin und ein Phantomzeichner zu Wort.

Jetzt bestellen