Vor 50 Jahren

Das Bremer Vietnam-Komitee veranstaltet heute eine Aktion besonderer Art: In der Zeit von 10 bis 14 Uhr wird auf dem Ansgarikirchhof ein großes Bild aufgestellt, das eine vietnamesische Landschaft bei einem Bombenangriff durch die Luftwaffe der USA zeigt. Die Passanten können Marken mit Friedenstauben kaufen und diese jeweils über eine Bombe kleben. Der Erlös der ungewöhnlichen Aktion soll zur Finanzierung eines Kinderkrankenhauses in der nordvietnamesischen Hafenstadt Haiphong sowie für den Kauf von Medikamenten für die Nationale Befreiungsbewegung Südvietnams verwendet werden. (WESER-KURIER, 13. November 1971)

Hintergrund

Seit Ende der 1960er-Jahre eskalierte der Vietnamkrieg. Auf Biegen und Brechen versuchte US-Präsident Richard Nixon, das westlich orientierte Regime in Südvietnam im Kampf gegen die Nationale Befreiungsarmee der Vietcong zu stützen. Um deren Nachschubwege zu vernichten, fielen amerikanische und südvietnamesische Truppen im Frühjahr 1970 im Nachbarstaat Kambodscha ein. Bereits im Sommer 1970 zogen sich die Amerikaner wieder aus Kambodscha zurück, setzten aber ihre schweren Luftangriffe bis 1973 fort.

Der Protest gegen die amerikanische Intervention in Vietnam gehört zu den Eckpfeilern der 68er-Bewegung. Zur Unterstützung Nordvietnams und der Vietcong bildeten sich international Vietnam-Komitees. Dabei ging es nicht nur um humanitäre Hilfe, sondern auch um eine klare politische Botschaft. „Wir wollten nicht einfach nur Geld sammeln“, sagt Joachim Barloschky, damals ein Aktivist der Bremer Schülerbewegung.

Das Gesicht des Krieges: schwer verstümmelte vietnamesische Kinder im Oktober 1969 in Bremen.
Foto: Archiv

Von der Tätigkeit des Bremer Vietnam-Komitees berichtete der WESER-KURIER erstmals im November 1970. In dem Aktionsbündnis fand sich eine Vielzahl von Organisationen zusammen, es bildete praktisch die gesamte Bandbreite der Gegner des Vietnamkriegs ab. Wie bunt das Spektrum war, zeigt die Liste der Unterzeichner für die internationale Aktionswoche „Frieden für Indochina – Sicherheit in Europa“ vom April 1971. Da solidarisierten sich der Asta der Pädagogischen Hochschule, die Jusos, die Gewerkschaftsjugend, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) sowie viele weitere Gruppen und Einzelpersonen, darunter eine Reihe von Pastoren.

„Totaler Krieg“ gegen das Volk

Bei seinen Aktivitäten prangerte das Vietnam-Komitee die Vorgänge in der Kriegsregion in aller Schärfe an. In einem Aufruf zu einer Vietnam-Demonstration im Mai 1972 hieß es in Anspielung auf die NS-Terminologie, Nixon habe dem vietnamesischen Volk „den totalen Krieg erklärt“. Die Verminung von Häfen und andauernde Luftangriffe seien ein „Vernichtungskrieg, wie er in der Geschichte der Menschheit bisher ohne Beispiel ist“. Die Forderung: „Sofortiger, bedingungsloser Abzug aller US-Aggressionstruppen aus Indochina!“

Weil auch extreme Linke wie die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), die Aufbauorganisation der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD/AO) und der Marxistische Studentenbund (MSB) Spartakus im Komitee mitwirkten, beobachtete der Verfassungsschutz dessen Aktivitäten. Der böse Verdacht: Infiltration durch verfassungsfeindliche Organisationen.

Nach dem Pariser Waffenstillstandsabkommen vom Januar 1973 und dem Abzug der amerikanischen Bodentruppen wurde es zusehends ruhiger um die Vietnam-Komitees. Die Proteste richteten sich jetzt vermehrt gegen den Militärputsch in Chile: Im September 1973 war der gewählte Präsident Salvador Allende ermordet worden, das Bremer Vietnam-Komitee unterstützte nunmehr das „Solidaritätskomitee für Chile“.

Nach dem Ende des Vietnamkriegs 1975 ging es den verbliebenen Komitees um Hilfe für den Aufbau von Schulen und Krankenhäusern, in Bremen meldete sich 1976 noch einmal ein „Indochina-Komitee“ zu Wort.

Gegen den Vietnamkrieg gab es schon früh Proteste: hier eine Demonstration auf dem Bahnhofsplatz im März 1966.
Foto: Klaus Sander

75 Jahre Kriegsende

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