Vor 60 Jahren wurde der Slogan „Beck’s Bier löscht Männerdurst“ geboren / 1975 hatte der Spruch ausgedient

Wirkt widersprüchlich und soll es auch: Beck’s-Werbung von 1972. Quelle: Vom Gerstensaft zum Spitzen-Pilsener von Welt, Bremen 2000

Wirkt widersprüchlich und soll es auch: Beck’s-Werbung von 1972.
Quelle: Vom Gerstensaft zum Spitzen-Pilsener von Welt, Bremen 2000

Als der berühmte Slogan „Beck’s Bier löscht Männerdurst“ vor 60 Jahren geboren wurde, störte sich niemand an der geschlechts-spezifischen Ausrichtung. In der Werbung spielten Frauen keine Rolle – zumindest nicht als Konsumenten. Trank eine Frau ein Bier, dann allenfalls als geheimnisvolle Schöne an der Bordbar. Erst Mitte der 1960er Jahre wurden Frauen als Konsumenten auch direkt angesprochen. Irgendwann hatten sie dann auch echten Männerdurst.

Wer kennt ihn nicht, den berühmten Werbeslogan von Beck’s? Obwohl schon längst aus dem Verkehr gezogen, erfreut sich „Beck’s Bier löscht Männerdurst“ bis heute großer Bekanntheit. Jetzt kann der Slogan schon fast seinen Eintritt ins Rentenalter feiern: Vor 60 Jahren wurde der berühmte Spruch in Umlauf gebracht – im Rahmen einer großangelegten Anzeigenkampagne.

Doch inzwischen steht der eingängige Werbespruch von 1955 unter gesellschaftspolitischem Generalverdacht. Die betont maskuline Adressierung gilt als politisch unkorrekt, mitunter als frauenverachtend und sexistisch. Gern wird der Slogan angeführt als Paradebeispiel einer Zeit, die noch nichts wusste von Gleichberechtigung und Emanzipation.

Sicherlich keine unberechtigte Haltung. Doch man kann den berühmten Slogan auch ganz anders lesen. So wie die Kunsthistorikern Katerina Vatsella, die nicht mit einstimmen will in den Chor der Kritiker. Sie weist auf Anzeigen aus den frühen 1970er Jahren hin: Auf denen ist der berühmte Spruch abgedruckt – und als Illustration eine ältere Dame mit Melone zu sehen, die genüsslich ihr Beck’s trinkt. Das passt nicht zusammen und soll auch nicht zusammen passen.

Ein durchaus gängiger Kniff in der Werbebranche, wie Vatsella betont. Die Unstimmigkeit zwischen Bild und Text sei gewollt, damit sichere man sich die Aufmerksamkeit des Betrachters, rege ihn zum Schmunzeln und zum Nachdenken an. „Sinn-Verschiebungen“ heißt das Zauberwort.

War der scheinbar männerverliebte Slogan also gar nicht ernst gemeint? Sondern nur ein PR-Trick, um den Bierkonsum anzuheizen – egal, ob von Männern oder Frauen? Eine spannende Fragestellung.

Im Exportgeschäft um 1900 etabliert

Ganz im loyalen Fahrwasser: Das Unternehmen Beck’s nannte sich Kaiser-Brauerei als Hommage an das neue Herrscherhaus. Im Etikett waren die Bremer und die deutschen Farben vereint. Quelle: Vom Gerstensaft zum Spitzen-Pilsener von Welt, Bremen 2000

Ganz im loyalen Fahrwasser: Das Unternehmen Beck’s nannte sich Kaiser-Brauerei als Hommage an das neue Herrscherhaus. Im Etikett waren die Bremer und die deutschen Farben vereint.
Quelle: Vom Gerstensaft zum Spitzen-Pilsener von Welt, Bremen 2000

Ein kurzer Blick auf die Unternehmensgeschichte mag helfen, die Hintergründe zu begreifen. Das 1873 als Kaiser-Brauerei Beck & Co. gegründete Unternehmen war praktisch von Anfang an stark auf den internationalen Markt ausgerichtet. Das hatte vor allem mit Bremens überseeischen Verbindungen als Hafenstadt zu tun, bereits um 1900 hatte sich Beck’s weltweit etabliert.

 Zugleich belieferte die Brauerei aber auch den heimischen Markt. Allerdings nur bis zum Ersten Weltkrieg. Nach dessen Ende setzte das Unternehmen ab 1921 voll auf das Auslandsgeschäft. Eine Strategie, die sich auch im neuen Namen „Export-Brauerei“ niederschlug. Für den Markt in Bremen und Umgebung gab es fortan die Marke Haake-Beck.

Nach dem Zweiten Weltkrieg dann die Kehrtwende. Nicht nur im Ausland sollte Beck’s als Exportbier seine Abnehmer finden, sondern auch auf dem heimischen Markt. So wie es früher gewesen war.

Doch wie den deutschen Konsumenten die Traditionsmarke schmackhaft machen? Das konnte nur gelingen mit einer ausgeklügelten Werbestrategie. Zumal gerade in diesen Jahren der Siegeszug der Supermärkte begann und man sich nicht mehr auf warme Empfehlungen im Tante Emma-Laden verlassen konnte.

Glänzende Werbestrategie schon früher

Die geheimnisvolle Frau von der Bordbar trinkt den Gerstensaft: Beck’s-Anzeige von 1960. Quelle: Archiv des Weser-Kuriers

Die geheimnisvolle Frau von der Bordbar trinkt den Gerstensaft: Beck’s-Anzeige von 1960.
Quelle: Archiv des Weser-Kuriers

In Sachen Eigenwerbung hatte Beck’s schon immer geglänzt. Schon allein der ursprüngliche Name „Kaiser-Brauerei“ zeugt von einem feinen Gespür für den Zeitgeist. Ein geschickter Schachzug, sich zwei Jahre nach der Reichsgründung so zu nennen und damit absolute Loyalität gegenüber der frisch inthronisierten Hohenzollern-Dynastie zu bekunden. Daher auch die bis heute übliche Farbgebung auf den Etiketten: Rot und weiß als die Bremer Farben und schwarz-rot-weiß als die Farben des neu geschaffenen Deutschen Reichs – damit schlug man zwei Fliegen mit einer Klappe. Sehr unsentimental indes die Namensänderung nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs. Als die Hohenzollern gestürzt waren, ließ auch Beck’s den alten Namen fallen: Aus „Kaiser-Brauerei“ wurde analog zur neuen Ausrichtung „Export-Brauerei“.

Bei der erneuten Markteinführung in den 1950er Jahren wollte die Brauerei auf Nummer sicher gehen. Anders als in späteren Jahren vertraute das Unternehmen nicht den eigenen Marketingstrategen, sondern engagierte mit McCann Erickson eine weltweit führende Werbeagentur aus den USA. Und ausgerechnet die brütete den Erfolgsslogan für den deutschen Markt aus: „Beck’s Bier löscht Männerdurst.“

Tief griff die Brauerei in die Tasche, um den Werbespruch in Umlauf zu bringen. Den Anfang machte 1955 eine Anzeigenkampagne in einem bundesdeutschen Leitmedium, im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. 1958 folgten Werbespots im noch jungen Fernsehen, in den 1960er Jahren weitere Anzeigenkampagnen in den Illustrierten „Stern“ und „Kristall“. Auch in Lokalzeitungen wie dem Weser-Kurier schaltete das Unternehmen großflächige Anzeigen.

Keine Selbstironie in den 1950ern

Die brave Frau daheim hält das Tablett: Beck’s-Anzeige von 1962. Quelle: Archiv des Weser-Kuriers

Die brave Frau daheim hält das Tablett: Beck’s-Anzeige von 1962.
Quelle: Archiv des Weser-Kuriers

Doch war der Männerdurst-Spruch wirklich von Anfang an selbstironisch gemeint? Wohl eher nicht. Denn im Unterschied zu späteren Varianten führte damals noch keine biertrinkende Frau den Männerdurst ad absurdum. Vielmehr erwecken frühe Anzeigentexte den Anschein, als hätten die Texter es völlig ernst gemeint mit ihrer maskulinen Kernbotschaft. „Wer weiß, was Männerdurst ist, dem fließt BECK’s BIER mit Genuß durch die Kehle!“ hieß es im November 1955 im Weser-Kurier.

Ist das nun frauenverachtend, weil Frauen als Konsumenten nicht vorkommen? Nicht unbedingt. Bierkonsum war damals tatsächlich weitaus verbreiteter unter Männern als unter Frauen. Wer über „Männerdurst“ sprach, nahm also nur die größte Zielgruppe ins Visier. Echtes Bier für echte Männer – derlei schmeichelt den Herren der Schöpfung. Im Grunde eine ganz einfache und nüchterne Rechnung, sich auf dieses Kundensegment zu konzentrieren.

Aber was heißt das, wurden Frauen als Konsumenten in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren ignoriert? Zumindest soweit es sich um „anständige Frauen“ handelte, um Frauen in geregelten Beziehungen. In den zeitgenössischen Anzeigen tauchen immer wieder Paare auf, jüngere Menschen: sie adrett, er sportlich-dynamisch. In einer Anzeige von 1962 hält eine lächelnde Schöne ein Tablett mit zwei Biergläsern, während er sich kräftig einschenkt. Sie stellt bereit, er trinkt.

Nicht anders, wenn in der Werbung nur eine Frau und kein Mann zu sehen ist. Wieder fungiert die Frau nur als Tablett-Trägerin. Merke: Das Bier ist nicht für sie bestimmt.

Die Beck’s-Trinkerin an der Bordbar 

Der Mann doziert, die Frau lauscht und darf mittrinken: Beck’s-Anzeige von 1963. Quelle: Archiv des Weser-Kuriers

Der Mann doziert, die Frau lauscht und darf mittrinken: Beck’s-Anzeige von 1963.
Quelle: Archiv des Weser-Kuriers

Doch es gibt auch 1960 schon die andere, die konsumierende Frau. Freilich nicht als Partnerin, sondern eher als flüchtige Zufallsbekanntschaft. „Rendezvous an der Bordbar“ lautet die Überschrift zu einer biertrinkenden Frau, die einem redseligen Kavalier ihre Aufmerksamkeit schenkt.

Nur ganz langsam ändert sich das Bild der Frau in der Beck’s-Werbung.

1963 ist endlich auch die vermeintliche Gattin als Konsumentin eindeutig zu identifizieren: Vor ihr steht ein Bierglas. Aber emanzipiert ist sie deshalb noch lange nicht. Sie hockt auf einem Ottomanen und blickt bewundernd zu ihrem dozierenden Gemahl auf. Immer noch geht’s vor allem um den Mann und seinen Männer-Durst – zwischen Text und Bild tut sich nicht der geringste Widerspruch auf, das Bild unterstreicht den Text und umgekehrt.

Erst ab 1965 zeichnete sich in den Werbeanzeigen ein behutsamer Wandel des Frauenbildes ab. Obgleich der Slogan „Beck’s Bier löscht Männerdurst“ als rhetorisches Erkennungsmerkmal unverändert erhalten blieb, wurde jetzt auch die Frau erstmals als Konsumentin direkt angesprochen. Freilich auf eine Weise, die irgendwo zwischen charmant und gönnerhaft irrlichtert. Unter einem Bierglas mit zugegebenermaßen perfekter Blume ist zu lesen: „Diese Blume zeigt Ihnen, daß wir auch an Sie denken, sehr verehrte Beck’s-Freundin!“ Und weiter: „Wir wissen natürlich, daß Beck’s auch Ihnen schmeckt, meine Damen.“

1975 gab Beck’s den Slogan auf 

Irgendwo zwischen charmant und gönnerhaft: Beck’s-Anzeige von 1965. Quelle: Archiv des Weser-Kuriers

Irgendwo zwischen charmant und gönnerhaft: Beck’s-Anzeige von 1965.
Quelle: Archiv des Weser-Kuriers

Nach den kulturellen Umwälzungen von 1968 war mit so einer Haltung allerdings kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Als die Frauenemanzipation auf der Tagesordnung stand, konnte der „Männerdurst-Slogan“ nicht einfach bleiben wie er war. Da war es ein geradezu genialischer Einfall, ihn ironisch zu brechen – den Spruch aus Wiedererkennungsgründen zu behalten, ihn aber durch eine biertrinkende Frau auf die Schippe zu nehmen. Eine feine Form der Selbstironie.

Dennoch war seine Zeit abgelaufen, der Slogan war in Zeiten virulenter Gleichheitsdebatten einfach nicht mehr gesellschaftsfähig, wirkte auch deplatziert, als Beck’s die Frau als Werbeträgerin entdeckte. Genau 20 Jahre nach seiner Einführung gab das Unternehmen den „Männerdurst-Slogan“ auf.

Und hatte wieder eine glänzende Idee, wie er zu ersetzen sei. War da nicht der schöne Werbespruch „Für Kenner“? Ein Wort, das fast den gleichen Klang hatte wie „Männer“. Und so trat ein Slogan die Nachfolge an, der den alten Erfolgsspruch nur geringfügig, aber wirksam variierte: Aus „Beck’s Bier löscht Männerdurst“ wurde 1975 „Beck’s Bier löscht Kennerdurst“.

Wie einfach die Welt doch sein kann. Damals wie heute. Da machte sich die ganze Beck’s Experience bezahlt.

von Frank Hethey

Frei von Ironie: Beck’s-Werbung in den späten 1950er Jahren mit dem damals noch brandneuen Slogan „Beck’s Bier löscht Männerdurst“. Die Frau konsumiert nicht, sie bringt nur das Tablett mit dem Bier. Quelle: Vom Gerstensaft zum Spitzen-Pilsener von Welt, Bremen 2000

Frei von Ironie: Beck’s-Werbung in den späten 1950er Jahren mit dem damals noch brandneuen Slogan „Beck’s Bier löscht Männerdurst“. Die Frau konsumiert nicht, sie bringt nur das Tablett mit dem Bier.
Quelle: Vom Gerstensaft zum Spitzen-Pilsener von Welt, Bremen 2000

Jung, aber mit viel Geschichte

50 Jahre
Universität Bremen

50 Jahre sind seit der Gründung der Universität Bremen vergangen. Auf dem Weg von der vermeintlichen roten Kaderschmiede zur Exzellenzuniversität ist viel passiert: Wir haben den ersten sowie den aktuellen Rektor interviewt und mit Absolventen gesprochen – zu denen auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte gehört. Zudem hat uns ein Architekt über den Campus begleitet. Das Magazin der Reihe WK | Geschichte gibt es ab 18. September in den ­Kundenzentren des WESER-­KURIER, im Buch- und Zeitschriftenhandel, online unter www.weser-kurier.de/shop und unter 0421 / 36 71 66 16.

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