Oben noch das alte, gusseiserne Gitter: Altenwall 12 im Jahre 2016. Foto: Peter Strotmann

Oben noch das alte, gusseiserne Gitter: Altenwall 12
im Jahre 2016.
Foto: Peter Strotmann

Gaststätten-Lexikon: Heinrich Christian Harms macht sich selbstständig

Nur 13 Jahre existierte das Gebäude am Altenwall 12 als Gastromnomie- und Hotelbetrieb. Sein Besitzer war Heinrich Christian Harms (1878 bis 1936), der 1910 das Börsen-Restaurant als Pächter übernommen hatte. Trotzdem strebte er nach einem eigenen Gasthaus. 1924 war es soweit. Zusammen mit seiner Ehefrau eröffnete er eine Restauration am Altenwall 12. Im Erdgeschoss das „Restaurant zum alten Wall“ und in den oberen Etagen „Harms Hotel-Pension“.

Im Bremer Adressbuch von 1930 annonciert er wie folgt:

 

Harms Hotel-Pension, Am Altenwall 12,

Fernsprecher Domsheide 248 76.

Herrliche ruhige Lage.

 

1936, im Alter von 57 Jahren, stirbt der 1878 in Holle (Bezirk Hildesheim) geborene Heinrich Christian Harms. Im Sterberegister ist sein Stand mit Hotelbesitzer angegeben. Seine Witwe führt die Restauration noch ein Jahr weiter. Dann ist die Ära Harms beendet.

Das Haus wurde vermutlich um 1850 errichtet, heute es einen auffälligen türkis-grünen Fassadenanstrich. Das Erdgeschoss erhielt bei einem Umbau in den 2000er Jahren statt der beiden kleineren Fenster ein großes Schaufenster. Die oberen Stockwerke haben noch die ursprüngliche Fassadengestaltung. Auch der Balkon in der ersten Etage besitzt noch das Gitter aus Gusseisen. Bis 1924, also bevor Harms in dem Haus die Restauration betrieb und nach 1938 war und ist der Altenwall 12 ein Wohn- und Geschäftshaus.

Filigran gefertigt: das Balkongitter im Detail. Foto: Peter Strotmann

Filigran gefertigt: das Balkongitter im Detail.
Foto: Peter Strotmann

Tilly Köper wohnte im Haus Altenwall 12

Bekannt ist das Schicksal einer Familie, die zu Beginn 20. Jahrhunderts im Haus Altenwall 12 wohnte. In ihrem Buch „Auswandern und Zurückkehren“ beschreibt die Autorin Wiebke Hoffmann das Schicksal der Familie Friedrich und Tilly Köper mit ihren beiden Kleinkindern. Friedrich Köper war als Kaufmann in Guatemala tätig. Da die Kinder das dortige Klima nicht vertrugen, verbrachte die Familie im Frühjahr 1903 einige Monate zur Erholung in Deutschland.

Friedrich Köper reiste allein zurück nach Guatemala und ließ seine Familie in Bremen zurück. Bis Anfang 1905 wohnte Tilly Köper zur Miete in Bremen, Altenwall 12, erster Stock.

Fern von Bremen: Tilly Köper mit Amme und Töchterchen Margerita 1902 im Patio (Innenhof) des Wohnhauses in Guatemala. Quelle: Staatsarchiv Bremen

Fern von Bremen: Tilly Köper mit Amme und Töchterchen Margerita
1902 im Patio (Innenhof) des Wohnhauses in Guatemala.
Quelle: Staatsarchiv Bremen

Zum Lebensunterhalt überwies Friedrich Köper seiner Frau monatlich 500 Mark*, Tilly war zu der Zeit 32 Jahre alt. Sie und ihre dreijährige Tochter waren in ärztlicher Behandlung. Die dafür nötigen Geldausgaben bekümmerten Tilly. „Weshalb sorgst du dich wieder so ängstlich um das Geld?“, schrieb Friedrich Köper ihr. Tilly solle ihn benachrichtigen, wenn sie mehr Geld benötige. Fortan bekam sie monatlich 1.000 Mark überwiesen.

* 500 Mark sind nach heutigem Geldwert etwa 2.600 Euro. Das Köper’sche Hausmädchen bekam für ein halbes Jahr 66 Mark Lohn, als Kostgeld wurden 108 Mark im Haushaltsbuch ausgewiesen. Für die Ernährung des Kindes wurden im gleichen Zeitraum 288 Mark aufgewendet.

Das Ehepaar hatte zwei Mädchen: Elisabeth und Margerita. Die jüngere, halbjährige Tochter bekam Muttermilch von einer Amme, während eine Eselin die Milch für die damals kranke Elisabeth lieferte. Durch die Eselsmilch verbesserte sich der Zustand von Elisabeth ganz allmählich.

 

Anschrift: Altenwall 12

Name:       „Restaurant zum alten Wall“, „Harms Hotel-Pension“

Art:              Restaurant und Hotel

Inhaber:     Ehepaar Harms

Zeit:             1924 bis 1937

Heute:        Wohn- und Geschäftshaus

In den Händen des Ehepaars Harms: das Gebäude am Altenwall 12 auf einem Foto Anfang der 1930er Jahrel. Quelle: Landesdenkmalamt Bremen

In den Händen des Ehepaars Harms: das Gebäude am Altenwall 12 auf einem Foto Anfang der 1930er Jahrel.
Quelle: Landesdenkmalamt Bremen

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

„Erst der Hafen, dann ist die Stadt“

Im Magazin „Erst der Hafen, dann ist die Stadt“ über Bremen und seine Häfen gehen wir in vielen historischen Bildern auf Zeitreise durch die maritime Vergangenheit unserer Hansestadt. Wie entwickelten sich die Häfen in Bremen vom Mittelalter bis heute? Wie sah die Arbeit zwischen Ladeluke, Kaje und Schuppen aus? Was hatte es mit den Anbiethallen auf sich? Und wie veränderte die Containerschifffahrt die Häfen? Wir blicken auf die Gründung der Freihäfen um 1900 und den Strukturwandel rund 100 Jahre später. Wir erzählen von Schmugglern und Zöllnern, von Bremens großen Werften sowie Abenteuern, Sex und Alkohol an der Küste – dem Rotlichtviertel am Hafen.

Jetzt bestellen