Ein Blick in die Geschichte (36): Aufnahme von 1891 zeigt den Domshof als Hotelstandort

Alles andere als einfach fällt die Orientierung beim Blick auf diese Aufnahme vom Sommer 1891. Einzig die schiere Größe des Platzes und der schmale Durchgang am rechten Bildrand geben einen Fingerzeig auf die Örtlichkeit: Es handelt sich um den Domshof mit Blickrichtung Wallanlagen, der Durchgang ist die Bischofsnadel.

Entstanden ist das Foto anlässlich der Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen des Hanseatischen Infanterie-Regiments Nr. 75. Damals war der Domshof noch kein Bankenviertel wie heute, sondern bevorzugter Hotel- und Gastronomiestandort.

Klagte über Kopfschmerzen: Heinrich Heine. Quelle: Wikicommons

Klagte über Kopfschmerzen: Heinrich Heine.
Quelle: Wikimedia Commons

Vor allem das Hotel Lindenhof (im Bild das zweite Haus von links) beherbergte eine Reihe prominenter Gäste, darunter König Otto I. von Griechenland und den Dichter Heinrich Heine. Letzterer fand allerdings wenig Gefallen an seinem Gastaufenthalt im Oktober 1843. Seiner Frau gegenüber klagte der empfindsame Poet über viel Geschrei, das von außen ins Hotel dringe und ihm die „entsetzlichsten Kopfschmerzen“ verursache. Die Quelle des Übels: der Freimarkt, der bis 1913 an verschiedenen Innenstandorten abgehalten wurde.

Für den Lindenhof musste ein altes Patrizierhaus weichen 

Für den Hotelneubau am Domshof 20 musste 1823 ein altes Patrizierhaus weichen. Entworfen hatte das ursprünglich nur dreigeschossige Gebäude im typisch klassizistischen Zeitgeschmack der Baumeister Johann Georg Poppe, dessen gleichnamiger Enkel später so bekannte Bauwerke wie das Wasserwerk, die Baumwollbörse und das Lloydgebäude schuf.

Der Name „Lindenhof“ (anfangs „Zum Lindenhofe“) war eine Reminiszenz an die Linden, die vormals auf dem Domshof gestanden hatten. Die Bäume wurden gefällt, als der Platz im Jahr des Hotelneubaus nach Plänen des Bauinspektors Friderich Moritz Stamm eine neue Gestalt annahm.

Ursprünglich nur dreigeschossig: der Lindenhof als neuibau 1823. Quelle: Rudlof stein, Klassizismus und Romantik in der Baukunst Bremens, Bremen 1964

Ursprünglich nur dreigeschossig: der Lindenhof als Neubau 1823.
Quelle: Rudolf Stein, Klassizismus und Romantik in der Baukunst Bremens, Bremen 1964

Unter der Regie des Bauherrn Albrecht Knoche avancierte der „Lindenhof“ zu einer Art Nobelherberge, das Haus gehörte zu den vornehmsten Hotels der Stadt. Die Geschäfte liefen so exzellent, dass das Gebäude 1842 um ein Geschoss aufgestockt wurde – daher die deutlich abweichende Gestaltung des vierten Stockwerks mit seinen abgerundeten Fenstern.

1854 ging der „Lindenhof“ in den Besitz von Wilhelm Wallau über, der noch zusätzlich ein Café eröffnete. Freilich war damals die große Zeit des Hauses schon vorbei, gegen die Konkurrenz neuer Mitbewerber wie Hillmanns Hotel konnte sich der in die Jahre gekommene „Lindenhof“ nicht mehr behaupten. Wallau musste bereits nach fünf Jahren 1859 Konkurs anmelden, seinem Nachfolger erging es nicht besser.

1862 kaufte die Stadt das Gebäude und baute es zu einem Behördensitz um. Zunächst fand das Generalsteueramt im früheren „Lindenhof“ eine neue Bleibe, nach dem Ersten Weltkrieg diente das Gebäude als Unterkunft der Schutzpolizei. Der alte Name blieb dabei erhalten, in den damaligen Adressbüchern ist weiterhin vom „Lindenhof“ die Rede.

Beim verheerenden Bombenangriff vom 6. Oktober 1944 wurde das Gebäude zerstört. Knapp zehn Jahre später, im Februar 1954, bezog die Hypothekenbank ihren Neubau am ehemaligen Lindenhof-Standort.

Einst ein gesuchter Hotelstandort in Bremen: der Domshof (hier 1891) mit dem legendären Hotel Lindenhof als zweitem Gebäude von links. Quelle: Wikicommons

Einst ein gesuchter Hotelstandort in Bremen: der Domshof (hier 1891) mit dem legendären Hotel Lindenhof als zweitem Gebäude von links.
Quelle: Wikimedia Commons

Von Anbiet bis Zuckerklatsche

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