Ein Blick in die Geschichte (44): Stich von 1838 zeigt Museum am Domshof
Ein Museum am Domshof? Das klingt nach blühendem Unfug, und doch gab’s das einmal – nur war es kein Museum nach heutigem Verständnis. Vielmehr handelte es sich um das Versammlungsgebäude einer spätaufklärerischen Lesegesellschaft, die sich ab 1783 „Gesellschaft Museum“ nannte.
1808 ließ die Gesellschaft an der Ecke Domshof/Schüsselkorb einen klassizistischen Neubau errichten. Finanziell war das kein Problem, bestand die exklusive Vereinigung doch vornehmlich aus wohlhabenden Kaufleuten. Der Stich zeigt das Gebäude 1838, nachdem der Architekt Jacob Ephraim Polzin es umgebaut und aufgestockt hatte.
Eine gute Orientierungsmarke bietet der St. Petri-Dom im Hintergrund, der damals allerdings nur einen Turm hatte – der Südturm war 1638 eingestürzt.
Das Museum am Domshof genügte heutigen Begriffen allenfalls insofern, als dass es ein Naturalienkabinett mit verschiedenen Sammlungen beherbergte, darunter eine vogelkundliche Sammlung und völkerkundliche Exponate, die Kaufleute aus Übersee mitgebracht hatten. Als besonders spektakulär galt eine Art Kuriositätenkabinett mit Skelett und Kleidung der Giftmörderin Gesche Gottfried.
1873 wurde das Museums-Gebäude abgerissen und bis 1875 durch einen zweigeschossigen Neubau von Heinrich Müller im Stil der Neo-Renaissance ersetzt.
Das imposante Gebäude orientierte sich am Vorbild englischer Klubhäuser für die High Society: Im Erdgeschoss befanden sich je zwei Restaurationssäle und Lesezimmer samt Bibliothek, im Obergeschoss ein großer und ein kleiner Speisesaal sowie ein Billardsaal – das Prunkstück des Gebäudes mit einer Fläche von 265 Quadratmetern.
Rückläufige Mitgliederzahlen veranlassten 1911 den Verkauf des Gebäudes an die Deutsche Bank, im Juni 1942 brannte es nach einem Bombenangriff aus. In den frühen Nachkriegsjahren wurde zeitweilig ein Wiederaufbau der Ruine diskutiert. Doch daraus wurde nichts, im März 1952 begann der Abbruch des früheren Prachtbaus. Über ein Jahrzehnt blieb der attraktive Standort verwaist, erst 1965 ließ die Deutsche Bank auf dem Grundstück einen sechsgeschossigen Neubau errichten.
Die „Gesellschaft Museum“ ging 1931 im bildungsbürgerlichen „Club zu Bremen“ auf.