Vor 50 Jahren

Das Ostertor/Remberti-Projekt, gegenwärtig wohl eines der größten Sanierungsvorhaben in der Bundesrepublik, kann möglicherweise Ende nächsten Jahres in einem ersten Teilgebiet in Angriff genommen werden. Zu den ersten Maßnahmen müßte laut Dittrich der Bau eines etwa 600 Meter langen Tunnels gehören, in dem ungefähr zwei Drittel der großen Verkehrstrasse zwischen Rembertikreisel und Mozartbrücke verschwinden sollen. (WESER-KURIER, 7. März 1972)

 

Hintergrund

Eine Vision kann man Professor Gerhard G. Dittrich nicht absprechen. Bis Anfang 1972 sollte die geplante Osttangente – die „Mozarttrasse“ – als Hochstraße durch das Viertel verlaufen. Nun präsentierte der Leiter des Städtebauinstituts Nürnberg (SIN) dem staunenden Publikum eine neue Idee. Nicht mehr als Hochstraße, sondern als vierspuriger Tunnel war die Verkehrsachse jetzt konzipiert. Ein Tunnel war laut Dittrich mit 150 Millionen Mark zwar deutlich teurer als eine Hochstraße. Doch dafür würde die scharfe Trennung der Quartiere vermieden und zugleich „wertvolle Grundfläche für Hochbauzwecke gerettet“.

Eine damals im WESER-KURIER veröffentlichte Skizze zeigt, wie sich Dittrich die Bebauung des Tunnels vorstellte – die vorhandene Bausubstanz wirkt dagegen geradezu mickrig. Von einem „Hochhausgebirge à la Tenever“ spricht der Architekturhistoriker Eberhard Syring. Immerhin empfahl Dittrich keine „Flächensanierung“ im Viertel, ein euphemistisches Codewort für den großflächigen Abriss alter Bausubstanz. Stattdessen riet er zu einem „behutsamen Vorgehen“, es sollte bei einer „Entkernung“ bleiben, um mehr Licht in die Gebäudemassen zu bringen.

Hochhausüberbauung im Ostertorviertel nach den Plänen des Städtebauinstituts Nürnberg. Schematische Darstellung im Weser-Kurier am 7.3.1972.
Quelle: Weser-Kurier

Bis in die 1920er-Jahre lassen sich die Planungen für ein Tangentenviereck rund um die Innenstadt zurückverfolgen, untrennbar verbunden waren sie mit der Sanierung der östlichen Vorstadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Vorhaben wieder aufgegriffen, seit den 1950er-Jahren galt im Viertel ein Bau- und Sanierungsstopp. Den Auftrag für eine städtebauliche Untersuchung des Viertels hatte Dittrichs Institut 1967 erhalten.

Als der Professor fünf Jahre später seine Tunnelidee präsentierte, war die Begeisterung gedämpft. Gegen den Bau der Trasse an sich gab es damals noch keine Einwände, wohl aber gegen das „Hochhausgebirge“. Der Arbeitskreis Ostertorsanierung im SPD-Ortsverein Altstadt legte ein Alternativkonzept vor: eine aus Lärmschutzgründen geschlossene Straßenröhre auf Stelzen, an die sich Bebauung im kleineren Maßstab anschließen sollte. Auch Bausenator Hans Stefan Seifriz nahm im September 1973 Abstand von den Hochhäusern, blieb aber beim Tunnel.

Doch die Stimmung war zu diesem Zeitpunkt schon umgeschlagen. Die Anwohner fühlten sich von der Behörde hinters Licht geführt. „Gar keine Trasse, ist ihre neue Devise“, so Syring. Bei einer turbulenten Sitzung der SPD-Bürgerschaftsfraktion im Dezember 1973 kam dann das endgültige Aus für die Mozarttrasse.

Fast idyllisch: Schaubild zu den Planungen des Stadtplanungsamtes, vorgestellt im September 1973. Zeichnung von Karl August Welp. Quelle: Bildarchiv des Bremer Zentrums für Baukultur – b.zb

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