Vor 50 Jahren

Die Bremer Bereitschaftspolizei „rüstet ab“. Ihr neuer Chef Gerhard Kubenk (47) hat für dieses Jahr das Werfen von Plastikhandgranaten ganz aus dem Ausbildungsplan gestrichen, nachdem es schon unter seinem Vorgänger Nikolaus Holm nur noch sehr sparsam geübt worden war. Kubenk hat auch die Ausbildung am Maschinengewehr MG 42 bis auf weiteres zurückgestellt. Nach seiner Überzeugung sind das MG und die Handgranaten keine Polizeiwaffen. Statt dessen hat Kubenk den Unterricht in Selbstverteidigung erheblich ausgebaut. (WESER-KURIER, 6./7. Februar 1971)

Hintergrund

Nicht zuletzt die Bremer Straßenbahnunruhen von Anfang 1968 hatten gezeigt: Bei der Polizei gab es einigen Reformbedarf, das „Draufhauen und Nachsetzen“ konnte nicht länger die Richtlinie polizeilicher Großeinsätze sein. Bereits bevor Bürgermeister Hans Koschnick (SPD) im Dezember 1971 die Modernisierung der Polizei-Ausbildung ankündigte, legte mit Gerhard Kubenk der Chef der Bereitschaftspolizei vor. Sein Motto: weg vom hierarchischen Kadersystem, eines Tages sollten sogar die Hundertschaften verschwinden.

Das war ein radikaler Bruch mit der Vergangenheit. Als Bremen im Oktober 1953 die ersten beiden Hundertschaften der neuen Bereitschaftspolizei aufstellte, erinnerte das noch sehr an die „grüne“ Schutzpolizei unter Polizeioberst Walter Caspari in der Weimarer Republik. Wie damals war die Bereitschaftspolizei kaserniert und schwer bewaffnet, um inneren Unruhen zu begegnen. Wenn auch loyal gegenüber dem Staat, so herrschte doch in vielerlei Hinsicht noch der alte Geist.

Damit war nun Schluss, der neue Innensenator Helmut Fröhlich (SPD) verkündete das Ende der „alten“ Bereitschaftspolizei. Die Polizei sollte als Freund und Helfer fest verwurzelt sein in der demokratischen Gesellschaft. Schrittweise kamen Neuerungen, im September 1987 wurden erstmals Frauen zur Ausbildung in der Bereitschaftspolizei zugelassen. Die Polizeireform ab 1998 führte die bis dahin eigenständige Bereitschaftspolizei unter das Dach der „Polizei Bremen“.

Heute ist die Abteilung Bereitschaftspolizei nach wie vor erste Station für Berufsanfänger. Bei „besonderen Einsatzlagen“ wie Fußballspielen oder Demonstrationen ist die Bereitschaftspolizei immer noch gefragt – allerdings ohne den Auftrag, draufzuhauen und nachzusetzen.

Zackig mit Tschako: Junge Bereitschaftspolizisten legen im Oktober 1956 in der Sporthalle der Polizeikaserne Huckelriede ihren Diensteid ab.
Foto: Werner Krysl

Titel Verbrechen Magazin

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