Vor 200 Jahren: Geburt von Wilhelm Hufeland, dem ersten Turnlehrer Bremens
Nachdem die Turnsperre in Preußen aufgehoben war, gab es seit 1843 auch in Bremen eine kleine städtische Turnhalle an der Hauptschule (später Altes Gymnasium). Als erster Turnlehrer wurde der eigens dafür angeworbene Wilhelm Hufeland (1817 bis 1879) angestellt. Doch die Turnhalle wurde vom Bremer Senat nur halbherzig betrieben (mehr zu den potenziell staatskritischen Turnern hier). „Wer seine Kinder turnen lassen will, der finde in den hiesigen Privatturnhallen Gelegenheit dazu. Die Schule habe sich dazu ebenso wenig zu kümmern wie um Schwimmen, Tanzen, die Musik und ähnliches, ja ganz nützliche und schöne Dinge.“ So dachte man damals. Derartige Meinungen führten mit dazu, dass der Bremer Senat die städtische Turnhalle bereits 1853 wieder schloss.
Wilhelm Hufeland sah rechtzeitig, dass er seine Ideen nicht im städtischen Bereich umsetzen konnte. Deshalb engagierte er sich sich in privaten Turnanstalten, war deren Vorkämpfer, Organisator und Vereinsgründer. Darüber hinaus eröffnete er im Sommer 1845 die Hufeland’sche Badeanstalt an der Kleinen Weser. Der gegenüber liegende Holzhafen wurde nach der Eindeichung die sogenannte Piepe. Der Oberweserhafen wurde zugeschüttet. Auf dem Grundstück entstand das ehemalige Wasserwerk.
Hufeland’sche Badeanstalt an der Kleinen Weser von 1845 bis 1903
Von dieser Flussbade- und Schwimmanstalt wissen wir sehr viel, aber es ist kein Foto und keine Zeichnung in den Archiven vorhanden. Deshalb folgt hier ein Textauszug (geringfügig geändert) aus dem Buch „Bremen. Ein Führer durch die Stadt und ihre Umgebungen“, erschienen 1857:
„Eine besonders zweckmäßig eingerichtete Flussbade- und Schwimmanstalt des Herrn Turn-, Fecht-, und Schwimmlehrers Wilhelm Hufeland findet man im Stadtwerder. Diese Anstalt entstand im Sommer 1846. Sie hat ihren Platz nahe der Stadt außerhalb des Werdertores an und in der Kleinen Weser. Diese Anstalt besteht aus zwei Hauptteilen, den Ankleideräumen am Ufer und den Brücken, Gerüsten und Bassins zum Baden und Schwimmen. Das Gebäude enthält 32 geräumige Zimmer, ein Buffet und eine Galerie für die Badekleider. Die Nebengebäude umschließen mehrere große Räume, von denen einige den größeren, die anderen den kleineren Knaben zugewiesen sind.
Im Wasser sind vier, mit Sand gefüllte, nach der verschiedenen Körpergröße eingerichtete Bassins für Nichtschwimmer, ein großes Bassin für Bahnschwimmer, d.h. die mittelmäßigen Schwimmer, ein Raum zum Schwimmunterricht für Erwachsene, ein anderer für Knaben und ein großer Raum für die fertigen Schwimmer. Tüchtige Schwimmmeister sind zur Erteilung des Unterrichtes angestellt, die im Verein mit einem zuverlässigen Bademeister die Aufsicht über die Schwimmenden und Badenden führen. Für die Aufrechterhaltung der Ordnung im Allgemeinen wird durch ein hinreichendes Personal gesorgt. Leitung, Verwaltung und Oberaufsicht führt der Eigentümer der Anstalt selbst.“
In der Hufeland’schen Bade- und Schwimmanstalt an der Kleinen Weser erlernte und übte seinerzeit ein großer Teil der bremischen Jugend das Schwimmen.
Als Wilhelm Hufeland 1879 starb, übernahm erst seine Frau und später seine Tochter die Bade- und Schwimmanstalt. Unter anderem wegen der fortschreitenden Verschmutzung der Kleinen Weser musste die Anstalt zum Ende des Jahres 1903 geschlossen werden. Mutter und Tochter bekamen von der Bremer Bürgerschaft eine jährlich zahlbaren Rente von im ganzen 1.200 Mark zugesprochen.
Wilhelm Hufeland (kurzgefasste Biografie)
Wilhelm Hufeland, ein Großneffe des berühmten Berliner Arztes Dr. Christoph Wilhelm Hufeland (1762 bis 1836), wurde 1817 in Berlin geboren. Er begann mit dem Studium der Medizin, musste es aber wegen eines Augenleidens aufgeben. Durch einen Mitarbeiter des Turnvaters Jahn ließ er sich zum Turnlehrer ausbilden. Nach seiner ersten Stelle in Hildesheim kam der Ruf nach Bremen.
Mit der Gründung der Hufeland’schen Bade- und Schwimmanstalt an der Kleinen Weser übertrug er die Gedanken seines Verwandten nach Bremen. Dr. Christoph Wilhelm Hufeland war einer der bedeutendsten Mediziner seiner Zeit (unter anderem Leibarzt von Preußens König Friedrich Wilhelm III. sowie Buchautor von „Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern“, 1797). Er sah in der Gesunderhaltung des Körpers eine moralische Verpflichtung und wies dabei auf die Heilkraft des Wassers hin. Er gab damit Anregung zum täglichen Waschen, häufigem Baden in kaltem Wasser und kräftigem Frottieren. Sein Patient Goethe bezeichnete das Kaltbaden als Torheit, das Baden in freiem Wasser als Verrücktheit.
von Peter Strotmann