Universität will Lehrsaal am Unibad-Standort – aber nicht unbedingt den Abriss /Architekturhistoriker Syring fordert Denkmalschutz

Bislang galt es als ausgemachte Sache, dass das Unibad keine Zukunft habe. Oder jedenfalls nur bis zur Fertigstellung des neuen Sportbads in Horn. Sobald es in Betrieb geht, sollte das Unibad geschlossen und abgerissen werden. Schließung und Abriss – ein fataler Zweiklang in den Ohren der Unibad-Befürworter. Nun sind von Seiten der Universität plötzlich andere Töne zu hören. Zwar habe das Unibad keine Zukunft als Schwimmbad. Seine „alte Hülle“ könnte aber sehr wohl als neues Kleid des ersehnten Audimax dienen.    

Dunkle Wolken brauen sich über dem Unibad zusammen - das Unibad steht vor einer ungewissen Zukunft. Foto: Frank Hethey

Dunkle Wolken brauen sich über dem Unibad zusammen – das Unibad steht vor einer ungewissen Zukunft.
Foto: Frank Hethey

Still war es geworden um das Unibad. Der Aufschrei nach Bekanntwerden der Abrisspläne zu Beginn des vergangenen Jahres – verhallt. Doch nun ist das Unibad plötzlich wieder zurück in der Öffentlichkeit. Die überraschende, vorerst unbefristete Schließung wegen defekter Lüftungsanlagen hat die Debatte um das Unibad neu entfacht. Mit kämpferischen Tönen meldet sich die Bürgerinitiative „Pro Unibad“ abermals zu Wort. Dabei geht es nicht nur um die Sanierungskosten, die nach Auffassung der Bürgerinitiative viel zu hoch angesetzt sind. Sondern auch um den architektonischen Wert des Gebäudes. „Bislang ist dieser Aspekt völlig unberücksichtigt geblieben“, sagt Dr. David Koebel von der Bürgerinitiative.

Schützenhilfe bekommen die Unibad-Aktivisten von fachlicher Seite. „Es wäre ein großer Fehler, das Unibad abzureißen“, stellt Prof. Eberhard Syring von der Hochschule Bremen fest. Seine Befürchtung: Ein Abriss würde im baulichen Gedächtnis der Stadt eine empfindliche Lücke hinterlassen. Denn: „Das Unibad steht für einen Paradigmenwechsel.“ Beim Bau der Universität in der ersten Hälfte der 1970er Jahre habe noch die „sehr unelegante, sehr wuchtige Systemarchitektur“ mit reichlich Sichtbeton vorgeherrscht. Alles habe sehr schnell gehen müssen, die ästhetische Dimension sei dabei zu kurz gekommen. Anders beim Bau des Sportbereichs in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre: „Das ist keine bunkerartige Betonarchitektur mehr.“ Als frühes Beispiel der Hightech-Architektur markiere das Unibad ein Umdenken in der Architektur, nicht umsonst sei es 1978 mit dem BDA-Preis des Landes Bremen ausgezeichnet worden. „Es ist ein typisches Werk der Zwischenzeit zwischen Spätmoderne und Postmoderne.“ Als besonderes Charakteristikum bezeichnet Syring die großflächig verglaste Schwimmhalle mit ihrer stählernen Tragwerksstruktur. Eine Verwandtschaft mit dem berühmten Centre Pompidou sei nicht von der Hand zu weisen, wenngleich das Pariser Bauwerk „natürlich wesentlich ambitionierter“ sei.

Der Traum der Uni: ein Audimax am Standort des Unibads

Bislang schien das Schicksal des Unibads besiegelt. Eine Zukunft schien es nur noch auf Zeit zu haben – bis zur Fertigstellung des Nachfolgebaus in Horn. Doch plötzlich sind von Seiten der Universität auch andere Töne zu hören. Zwar winkt Uni-Baudezernent Hans-Joachim Orlok ab, wenn es um den Erhalt des Unibads als Schwimmbad geht. Seine ebenso schlichte wie stringente Logik: „Da es künftig keinen Studiengang Sport an der Universität mehr geben wird, besteht auch kein universitärer Bedarf für ein Schwimmbad.“

Ein Charakteristikum des Unibads: die stählerne Tragwerksstruktur. Foto: Frank Hethey

Ein Charakteristikum des Unibads: die stählerne Tragwerksstruktur.
Foto: Frank Hethey

Im Sportbereich favorisiert die Universität stattdessen die Errichtung eines „dringend benötigten“ Lehrsaalgebäudes, eines Audimax. Aber ob nun als Neubau oder „in der alten Hülle“ des Unibads sei noch nicht ausgemacht. Das „wäre zu prüfen“, sagt Orlok.

Eine Bekundung, die aufhorchen lässt. Erstmals äußert sich die Universität zu ihren Plänen für die Zeit danach. Und erstmals ist nicht mehr pauschal vom Abriss des Unibads die Rede, zeichnet sich zumindest die Möglichkeit einer Fortexistenz des Bauwerks ab.

Für die Bürgerinitiative allerdings nur ein schwacher Trost. Fordern die Aktivisten doch einen Erhalt des Unibads in seiner bisherigen Funktion. Auch Syring kann sich nur in Maßen über die neuen Aussichten freuen. „Sagen wir es so: Eine Umnutzung wäre besser als ein Abriss.“ In seinen Augen ist das Unibad als öffentliches Bad keineswegs eine reine Uni-Angelegenheit, es seien auch andere Interessen zu berücksichtigen: die Interessen von Schwimmvereinen und Freizeitschwimmern. Das sieht die Universität freilich anders. Für die Hochschule stehen die eigenen Belange im Vordergrund. Mit der Schließung des Unibads eröffnet sich die Chance, neue Nutzungsmöglichkeiten ins Auge zu fassen.

Daraus macht der Uni-Baudezernent auch gar keinen Hehl. Ohne Umschweife bestätigt Orlok „erste Überlegungen für eine universitäre Nachnutzung der dann freiwerdenden Fläche“. Erste Überlegungen wohlgemerkt – was wohl heißen soll: Anders als von vielen Kritikern geargwöhnt, sind solche Überlegungen keineswegs verantwortlich für den Senatsbeschluss, das Unibad abzureißen. Also erst der Beschluss, dann die Überlegungen.

Nicht umgekehrt. Als Grund solcher Planspiele nennt Orlok die positive Entwicklung von Universität und Technologiepark. Eine Entwicklung, die zu einer gravierenden Flächenknappheit geführt habe. Die Nähe zum Zentralbereich über den Boulevard trage noch zusätzlich zur Attraktivität des Unibad-Geländes bei.

Für „Pro Unibad“-Sprecher Koebel eine nicht nachvollziehbare Haltung. Sein Eindruck: „Es gibt noch mehr als genug unbebaute Fläche. Auch im Sportbereich.“ Die veranschlagten Sanierungskosten in Höhe von 18 Millionen Euro betrachtet er als künstlich hochgerechnete Summe – als Scheinargument, um die erforderliche Sanierung des Unibads als zu kostspielig hinzustellen. „Man könnte von einer Luxussanierung sprechen“, kritisiert Koebel. Nach seiner Rechnung würden zwölf Millionen Euro reichen, um ein „wunderbares Gebäude auf dem neuesten technischen Stand“ zu bekommen.

Der BDA fordert ein „konkurrierendes Verfahren“  

In die Debatte eingeschaltet hat sich inzwischen auch der Bremer Landesverband des Bunds Deutscher Architekten (BDA). Die Forderung: ein „konkurrierendes Verfahren“ zwischen dem Senatskonzept für eine „Simply Swimming“-Halle in Horn und einem Sanierungsplan für das Unibad.

Wie das Unibad ein prägender Bestandteil des universitären Sportbereichs: der Sportturm. Foto: Frank Hethey

Wie das Unibad ein prägender Bestandteil des universitären Sportbereichs: der Sportturm.
Foto: Frank Hethey

Es müsse eine sachliche und öffentliche, aber vor allem ergebnisoffene Diskussion geben. Wobei der BDA durch sein Bekenntnis zum Unibad keinerlei Zweifel daran lässt, welcher Option seine Sympathien gehören. Für den Erhalt des Unibads sprechen nach BDA-Ansicht die gestalterischen Qualitäten ebenso wie dessen baukulturelle und historische Bedeutung.

Eine Auffassung, die Syring uneingeschränkt unterstützt. Der Architekturhistoriker betont den auffallenden Unterschied zwischen Sportbereich und älteren Unibauten. Besonders hervorzuheben seien der Sportturm und die Schwimmhalle als das Werk einer neuen Architektengeneration. Nach dem „brutalistischen“ Intermezzo bei den Campusbauten der ersten Stunde habe sich plötzlich wieder eine individuelle Handschrift durchgesetzt. Und zwar die der Planungsgruppe Medium-Assmann aus Hamburg. Beteiligt war damals auch Jan Störmer, Sohn eines Bremer Architekten, dessen Dienste die Universität später erneut in Anspruch nahm: als Architekt der gläsernen Eingangshalle.

Und was nun? Für Syring ist der Fall klar. „Eigentlich müsste das Unibad unter Denkmalschutz gestellt werden“, sagt er. Wichtige Bauten aus den 1970er Jahren würden allmählich zu Sanierungsfällen. Deshalb gehe es jetzt darum, für die Nachwelt das „Erbe der Moderne“ zu bewahren.

von Frank Hethey

Die Universität Bremen in ihren frühen Jahren um 1980. Unten rechts ist der Sportbereich mit Unibad und Sportturm zu erkennen. Inzwischen sind zahlreiche Gebäude hinzugekommen. Bildvorlage: bremer zentrum für baukultur

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