Der Glaskünstler Georg K. Rohde stellte feine Damen bewusst überzeichnet dar / Motive bis 2013 in der Meierei
Nachdem wir bereits die Rohde’schen Frauen in einem Kalender vorgestellt haben, möchten wir uns dieses Mal den Karikaturen von Georg K. Rohde (1874 bis 1959) widmen. Der in Oldenburg geborene Glaskünstler arbeitete ab 1903 in Bremen und schuf dort eine Vielzahl beeindruckender Werke. Ein Großteil davon ist nach wie vor erhalten, insbesondere sind es die Glasfenster aus der Zeit bis 1914.
Mit den beiden Glasbildern, die diesmal zu sehen sind, schuf der Glasmaler Motive mit humoristisch-karikierendem Inhalt. Wie für eine Karikatur üblich, wollte er bestimmte Personen oder gesellschaftliche Zustände bewusst übertrieben darstellen und dadurch kritisch hinterfragen. Die zwei Bildnisse zielen etwas abschätzig auf die gehobene soziale Klasse der Gesellschaft ab, zu der Georg K. Rohde als Handwerker und Künstler sicher nicht gehörte.
Auf den ersten Blick scheinen sie jeweils eine harmonisch verklärte Situation darzustellen: Beim Männeridyll sind es drei Männer, beim Frauenidyll drei Frauen, die da scheinbar beschaulich und friedlich zusammensitzen. Auf den zweiten Blick offenbart sich der karikierende Charakter. Das Erstellungsdatum liegt wahrscheinlich um 1908. Eine Zeit, in der Rohde in seinem beruflichen Alltag vieles mitbekam, wenn er Aufträge in den Kontoren, Cafés, Restaurants und Privathäusern ausführte. Nach meinen Recherchen sind nur diese beiden Glasbild-Karikaturen von ihm erhalten geblieben. Sie haben jeweils die Höhe von 85 cm und eine Breite von 60 cm. An Material und Techniken wurden verwendet: Kathedral- , Antikglas, Schwarzlotmalerei, Silbergelb, Ätztechnik, Emailmalerei.
Wer der ursprüngliche Auftraggeber war und wo sie zuerst eingebaut waren, das wissen wir nicht. Sie befanden sich bis Ende 2013 in der Meierei im Bremer Bürgerpark. Bei dem anschließenden Umbau wurden sie entfernt. Der Verbleib ist ungeklärt.
Drei feine Damen beim rituellen Kaffeeklatsch
Die Karikatur des Bremer Glaskünstlers, die ich liebevoll „Frauenidylle“ genannt habe, zeigt drei Frauen vermutlich gleichen Alters bei einem Kaffeeklatsch zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Eine zentral angeordnete Palme mit goldenen Blättern könnte auf Erfahrungen mit tropischen Regionen hindeuten oder aber auf ausreichend Geldvermögen. Es sind drei Damen, die auf der gleichen gesellschaftlichen Stufe stehen. Sie sind zu einem Ritual verabredet, nämlich einem „Kaffeeklatsch“.
Über ein gemütliches Zusammensein von Frauen mit Plauderei bei Kaffee und Kuchen zu schreiben, ist eine schwierige Sache. Und dann das Ganze noch als „Kaffeeklatsch“ zu bezeichnen, das könnte nach hinten losgehen. Dieser Begriff hat nämlich umgangssprachlich eine etwas scherzhafte, abwertende Bedeutung bekommen. Deshalb frage ich mich: „Wie ist es zu dieser Kaffeeklatschtradition überhaupt gekommen?“
Bereits im 17. Jahrhundert wurde Kaffee nach Deutschland gebracht. Getrunken wurde er zunächst in den Hafenstädten, denn dort kam er mit dem Schiff an. Kaufleute und Matrosen waren die ersten, die Kaffee tranken, und ab 1660 gab es die ersten Gaststuben, in denen Kaffee ausgeschenkt wurde. Kaffee, Sahne, feinstes Zuckergebäck und Likör waren zuvor nur den Fürsten und Königen vorbehalten. Nun wurde der Kaffee zum beliebten Volksgetränk.
Frauen im Kaffeehaus waren verpönt
Da es aber für Frauen nicht schicklich war, in ein Kaffeehaus zu gehen, trafen sie sich am Nachmittag zu Hause. Der Kaffeeklatsch war geboren. Bereits im Jahre 1715 konnte man im Frauenzimmer-Lexicon nachlesen, dass „es sich bei einem Kaffeeklatsch um die tägliche oder wöchentliche Zusammenkunft einiger vertrauter Frauenzimmer handle, welche der Reihe nach herumgehe, wobei sich die Frauenzimmer mit Kaffee trinken und Karten spielen die Zeit vertrieben“.
Mit dem Kaffeeklatsch hatten die Frauen eine Möglichkeit gefunden, sich regelmäßig zu treffen und auszutauschen. Hier konnten sie Freundschaften pflegen und Privates besprechen. Und da es damals noch kein Telefon gab, war es praktisch, sich stets am gleichen Wochentag zu treffen. Aber wo kommt der Name nun her? „Klatsch“ und Gewäsch sind Wörter, die das Gleiche meinen: Plaudern über belanglose Themen. So ist es gut möglich, dass Klatsch seinen Ursprung darin hat, dass sich die Frauen früher am Fluss oder Brunnen zum Wäschewaschen getroffen haben. Während sie die Wäsche auf die Steine am Flussufer klatschten, plauderten die Waschfrauen. In den Augen der Außenstehenden Klatsch und Gewäsch.
Das Wort Kaffeeklatsch kann man auch umschreiben mit Kaffeekränzchen, Damenkaffeegesellschaft, Damengesellschaft, Kaffeestündchen, Plauderstündchen, bei älteren Damen auch: Kaffeetanten. Und dann gibt es noch die Klatschtanten. Dieser Begriff kann auch für Männer zutreffen.
Kaffeeklatsch als deutsches Lehnwort auch im Englischen gebräuchlich
Als deutsches Wort ist der Kaffeeklatsch auch ins Englische entlehnt worden. Er ist dort als Kaffeeklatsch, kaffeeklatsch, kaffelklatch, coffee klatsch oder als klatsch gebräuchlich.
Auffällig an dem Glasbild von Georg K. Rohde sind zudem die Hüte, die die Frauen tragen: richtige Ungetüme.
Nach meinen Recherchen handelt es sich hierbei um Kapotthüte. Zwei der Damen tragen Hüte mit Kinnbändern. Diese fallen entweder herunter – wie bei der in der Mitte sitzenden Dame – oder sind zu einer großen Schleife gebunden – bei der Dame links. Das entspricht eher der Mode, wie sie in den frühen 1870er Jahren getragen wurde. Vermutlich will Georg K. Rohde damit aufzeigen, mit welch pompösen, aber wohl veralteter Ausstattung, diese besseren Damen der Gesellschaft aufwarteten.
Mit diesen riesigen, weit ausladenden Röcken setzte Rohde einerseits farbige Akzente und betonte andererseits, wie wenig diese Kleidung für die Hausarbeit geeignet war. Wer es sich eben leisten konnte, hatte ein Dienstmädchen „als Mädchen für alles“ oder in besser gestellten Haushalten war noch mehr Personal vorhanden. Dieses hatte die Ehefrau als Hausfrau unter sich und musste es zur Arbeit anleiten. Da blieb dann auch Zeit für einen Kaffeeklatsch. Um die Wünsche der Damen zu erfüllen, mussten Dienstmädchen dabei immer dienstbereit sein, sich aber dezent im Hintergrund halten.
von Peter Strotmann